Leporello

Anblicke und Einsichten: Robert Misik über seine Reise nach Griechenland

"Eine zeitgenössische Linke tut gut daran, entschiedener zu werden, denn die Antworten, die sie hat, sind die praktikabelsten und zukunftsträchtigsten."

"Was Linke denken" - so heißt das neue Buch von Robert Misik. Der Autor und Journalist erläutert darin die klassischen Theorien zu einer gerechten Gesellschaft - von Marx bis Gramsci, von Adorno bis Habermas und Foucault. Aber auch jüngere Denker führt Robert Misik in seinem Buch an. Paul Krugman, Yanis Varoufakis und Slavoy Zizek könnten womöglich, so Misik, Antworten auf die brisanten Fragen der Gegenwart haben - Antworten zur Einkommensungerechtigkeit, Flüchtlingsproblematik, zur Entsolidarisierung der Bevölkerung sowie zur Finanz- und Schuldenkrise.

Mitte August erscheint Robert Misiks Buch im Picus Verlag. Nach der monatelangen Beschäftigung mit dem geballten Gedankengut sehnte sich der Autor zuletzt aber doch danach, die Theorie wieder mit dem realen Leben zu tauschen. Und so tauchte Misik ein in den Alltag eines Landes, das unter der Regierung von Alexis Tsipras' Syriza-Partei wie kein anderes mit praktiziertem linkem Denken verbunden wird: Misik reiste in das von der Schulden- und Finanzkrise gebeutelte und von seinen Gläubigern bis an den Rand des Elends gedrängte Griechenland - und war zunächst erstaunt: "Athen ist eine spannende Stadt, in der du die Krise in Form von Elend gar nicht so siehst."

Wie so oft bei der theoretischen Betrachtung eines Problems offenbart sich die Wahrheit auch im realen Leben erst auf den zweiten Blick: "Du musst schon genauer hinschauen: die Leute sitzen zum Beispiel vier Stunden vor einem Bier und gehen hauptsächlich deshalb ins Cafe, weil Kaffeehäuser Umschlagsplätze der informellen Ökonomie sind. Hier bekommt man kleine Aufträge und kann kleine Geschäftemachen, zum Beispiel mit dem Lavendel der Großmutter. Junge Leute, die in Medien arbeiten oder als Fotografen oder Künstler, können von ihrem Einkommen schon lange nicht mehr leben."

Und noch eine Erfahrung machte Robert Misik: die Wirklichkeit Griechenlands, wie er sie erlebte, wird von den meisten Medien nicht widergespiegelt, im Gegenteil.

Robert Misik, der seine journalistische Laufbahn bei der sozialdemokratischen Arbeiter Zeitung begann, hat sich längst einen Namen als viel gelesener politischer Blogger und Buchautor gemacht. Auf die Frage, was linkes Denken im klassischen Sinn eigentlich von den neuen, den linken Ideen von heute, unterscheidet, meint er: es gibt keine starre Abgrenzung mehr. Es gibt nicht mehr "das Proletariat" auf der einen und "die kapitalistischen Ausbeuter" auf der anderen Seite, die Fronten sind verschwommen.

Doch zurück zum Alltag in Griechenland: Hier herrscht Pragmatismus, basierend, wenn man so will, auf linker Theorie. Es werden kleine Schritte unter den Mühen der Ebene gemacht, die nichts Geringeres ermöglichen sollen, als das zukünftige Überleben.

Bei aller praktischen Anschauung war es schließlich doch ein Satz - ein Stück Theorie also, die Robert Misik von seiner Reise nach Griechenland mitgenommen hat: der Satz stammt von Tsipras' Kabinettschef und war die Antwort auf Misiks Frage: wohin soll der Weg gehen, wohin will Syriza das griechische Volk nach den Mühen der Ebene führen? Die Antwort: Our limit is the sky...-
Gestaltung: Christa Eder

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