Gedanken für den Tag

von Johanna Schwanberg, Kunstwissenschaftlerin und Direktorin des Wiener Dommuseums. "Revolutionär der Baukunst" - Zum 50. Todestag von Le Corbusier. Gestaltung: Alexandra Mantler

Was für ein Haus! Wie ein Wesen aus einer anderen Welt steht es inmitten des grünen Anwesens. Strahlend weiß. Auf schlanken, zylinderförmigen Stützen, die es leicht und schwebend erscheinen lassen. Beim Rundherumgehen lässt sich kein vorne und kein hinten ausmachen. Alle vier Seiten des Bauwerks sind gleich wichtig. Charakteristisch: das Flachdach, ein horizontales Fensterband sowie eine Wendeltreppe und eine dominierende Rampe, die das Obergeschoß erschließen.

Gebaut hat diese Ikone der Architekturgeschichte der schweizerisch-französische Architekt Le Corbusier in den Jahren 1929 bis 1931. Die Villa Savoye steht in Poissy bei Paris. Sie zählt neben dem Haus Tugendhat von Mies van der Rohe oder dem Fallingwater-Haus von Frank Lord Wright zu den Heiligtümern des modernen Einfamilienhauses. Unzählige Male fotografiert und von nachfolgenden Generationen kopiert und abgewandelt.

Berühmt wurde die Villa Savoye nicht nur aufgrund ihrer radikalen Modernität. Sondern auch, weil Le Corbusier hier erstmals sein 5-Punkteprogramm einer neuen Architektur umgesetzt hat. Dieses sieht für Häuser unter anderem begehbare Dachterrassen vor und lange Fensterbänder, die viel Licht in die Wohnräume lassen. Innovativ ist vor allem die Umsetzung des freien Grundrisses, der vollkommen neue Wohnsituationen und Zimmereinteilungen ermöglicht.

An der "Schachtel auf Pfahlstützen", wie die Villa Savoye auch genannt wird, gab es bald nach Fertigstellung Kritik. Sie sei mehr ein Kunstwerk, nicht wirklich bewohnbar, hieß es. Überall regne es hinein, beschwerten sich die Besitzer. Le Corbusier kümmerte das wenig. Er war schon mit nächsten Projekten beschäftigt. Seine Bauten verstand er als Lebewesen. Einmal in die Welt gesetzt, gingen sie ihre eigenen Wege, so "Corbu", der seine Architektur immer als Poesie verstanden haben wollte. "Einen Bau machen, heißt ein Geschöpf machen. Gefüllt sein, sich füllen. Sich gefüllt haben, bersten, jubeln."

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Sendereihe

Playlist

Komponist/Komponistin: Joseph Haydn/1732 - 1809
Titel: Sonate für Klavier Nr.47 in h-moll Hob.XVI/32
* Allegro moderato - 1.Satz (00:06:40)
Solist/Solistin: Alfred Brendel /Klavier
Länge: 02:00 min
Label: Philips 4122282

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