Gedanken für den Tag

von Hubert Gaisbauer, Publizist. "Der Hund, das bin ich" - Zum 50. Todestag des Bildhauers und Malers Alberto Giacometti. Gestaltung: Alexandra Mantler

Giacomettis Hund. Er hatte natürlich keinen lebendigen. Giacomettis Wohnort war ja das Atelier, das mit seinem Chaos voller Gipsstaub und penetrantem Terpentingeruch keinem anderen Lebewesen zugemutet werden konnte, nicht einmal einem Hund. Sein Bruder Diego, der nebenan die Werkstätte hatte, fütterte zugelaufene Katzen. Sie besuchten Giacometti manchmal am Morgen, stiegen über sein Bett, sodass er ihren runden Kopf über seinem Gesicht spürte. Aus dieser Erfahrung modellierte Giacometti seine Katze, 80 Zentimeter lang, dünn wie eine Zündschnur, ovaler Kopf, heutiger Schätzwert 16 bis 22 Millionen Dollar oder mehr.

Eine zweite Tierskulptur, die er schuf, war der berühmte Hund. Giacomettis Hund. Trottend mit gesenkter Schnauze sucht er eine Spur, abgemagert zum Skelett, einsam und herrenlos. Kinder, so wird erzählt, haben oft Mitleid mit ihm im Museum und versuchen, ihn an der bronzenen Schnauze zu streicheln. Der Hund, sagte Giacometti einmal, das bin ich.

Geld hatte er genug. Auch an Freunden und Frauen mangelte es nicht. Was er einsam zu lösen suchte, war das Rätsel der Vergeblichkeit, dem er in seiner Kunst begegnet war.

Man hat Giacomettis Hund auch mit den schroffen und zerklüfteten Felsen des Graubündner Alpentals assoziiert und mit der Treue des Künstlers zu seinem Heimatdorf Stampa, wo bis zwei Jahre vor seinem Tod die Mutter lebte. Er besuchte sie regelmäßig. Der Hund: das war die Treue zu Stampa.

Die Katze war der andere Lebensmittelpunkt: Paris. Zwielichtige Modelle liefen ihm zu wie dem Bruder Diego die hungrigen Katzen. Der Giacometti von Paris war ein Nachtgeschöpf.

Frage: Wenn Sie sich entscheiden müssten, Giacometti, entweder einen Rembrandt oder eine Katze aus einem brennenden Haus zu holen, wen würden sie retten? Antwort: Die Katze.

Service

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Igor Strawinsky/1882 - 1971
Bearbeiter/Bearbeiterin: Samuel Dushkin /Arrangement/1891 - 1976
Bearbeiter/Bearbeiterin: Igor Strawinsky /Arrangement/1882 - 1971
Album: ITZHAK PERLMAN'S GREATEST HITS - VOLUME 2
Titel: Chanson russe (Lied des russischen Mädchens) / Arie aus der Oper "Mavra" / Bearbeitung für Violine und Klavier
Solist/Solistin: Itzhak Perlman /Violine
Solist/Solistin: Samuel Sanders /Klavier
Länge: 02:00 min
Label: EMI Classics 5569572

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