Gedanken für den Tag

1. März 2016, 06:56

Liebe

Eine winzige Ölskizze. Zu sehen sind zwei Frauen auf einer Wiese. Die eine sitzt dynamisch im Vordergrund, die andere liegt entspannt dahinter. Möglicherweise sind die beiden in ein Gespräch vertieft.

Im Hintergrund sind Berge und ein Himmel zu erkennen. Die skizzenhafte lockere Malweise konzentriert sich auf das Wesentliche. Genauso wichtig wie das Dargestellte sind die Farben und die bewegten großen Pinselstriche. Die Ölskizze entstand im Jahr 1906. Sie diente Franz Marc als Vorlage für ein großes Gemälde, an dem der Künstler Monate malte, um es anschließend zu zerstören.

Künstlerisch ist "Zwei Frauen am Berg" spannend, da es bereits die zunehmende Loslösung von einer realistischen Malweise andeutet. Besonders brisant wird das Bild, wenn man bedenkt, dass Franz Marc beide hier gemalten Frauen später geheiratet hat. Zuerst die Malerin Marie Schnür, die vorne sitzend zu sehen ist. Später die Künstlerin Maria Franck, die auf diesem Bild im Hintergrund liegt. Biografen haben sich die Finger an dieser verwirrenden Dreiecksbeziehung wund geschrieben. Die Liebeswirren waren phasenweise so schmerzhaft, dass der hier gemalte Berg von Franz und Maria Marc "Tränenhügel" genannt wurde. Der Maler hat rückblickend die erste Heirat, die seiner späteren Frau so viel Kummer bereitetet hatte, als größten Fehler seines Lebens bezeichnet.

Mich interessiert an dieser schwer durchschaubaren Liebesgeschichte, dass nach Irrwegen letztendlich die Personen zusammenfanden, die einander gut getan haben. Maria Marc entsprach mit ihrer mütterlich-bodenständigen Erscheinung so gar nicht dem damaligen und noch weniger dem heutigen Schönheitsideal. Sie selbst hatte lange das Gefühl, dem attraktiven Maler nicht das Wasser reichen zu können. Dabei waren erst die Harmonie und das Glück zwischen den beiden der Boden für das kreative Schaffen und letztendlich auch für den künstlerischen Erfolg.

Maria Marc schrieb 1916 an ihren Mann kurz vor dessen Tod in Verdun: "Es ist und bleibt doch wahr, dass man allein nichts hat vom Leben - nur das liebende Zusammenleben gibt dem Leben und aller Arbeit einen Sinn."

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Sendereihe

• Gedanken für den Tag

Gestaltung

• Alexandra Mantler