Logos - Theologie und Leben

"Was glauben Sie?" - Der Tierethiker Kurt Remele. Gestaltung: Johannes Kaup

Bei Lebensmittelverschwendung denken viele zunächst an nicht mehr so frisches Brot oder an Milch, die ihr Ablaufdatum überschritten hat und die beide entsorgt werden. Wenige denken daran, wie viele Ressourcen wie Landflächen, Wasser, Getreide, Mais und Soja verbraucht werden, um billiges Fleisch zu produzieren. Und noch weniger Menschen ist bewusst, wieviel Fleisch von getöteten Tieren heutzutage unnötigerweise im Müll landet. Dieser Missstand ist in unseren Breiten zu einer Normalität geworden.

Das hat damit zu tun, dass Tiere nach wie vor mehrheitlich als "Produkte", also als seelenlose Dinge betrachtet werden. Seit der griechischen Antike hat sich in der philosophischen Ethik eine Strömung durchgesetzt, die Tiere als Sachen betrachtet. Es bestand kein Zweifel darüber, dass Tiere einzig zum Nutzen und Gebrauch für den Menschen existieren. Eine Auffassung, die in unterschiedlichen Abstufungen auch die Buchreligionen Judentum, Christentum und Islam geprägt hat.

Im 18. Jahrhundert wurde in der theologischen und der philosophischen Ethik erstmals die Frage nach den Rechten von Tieren gestellt. Denker wie Jeremy Bentham und Henry Stephen Salts im angelsächsischen Raum, Arthur Schopenhauer im deutschen Sprachraum, bis hin zu Peter Singer ("Animal Liberation") am Ende des 20. Jahrhunderts - sie waren Vordenker einer Tierethik. Das ist jener Bereich der Angewandten Ethik, in dem vernünftig begründete normative Aussagen darüber gemacht werden, wie wir Menschen uns gegenüber Tieren verhalten sollen.

Der Sozialethiker und katholische Theologe Kurt Remele hat sich in Österreich als Tierethiker einen Namen gemacht. Als Professor für Sozialethik an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Graz plädiert er in zahlreichen Vorträgen und Publikationen für eine tierfreundliche theologische Ethik, in der Tiere nicht instrumentalisiert, sondern als empfindungsfähige Mitgeschöpfe ("sentient beings") respektiert werden. Remele kritisiert eine einseitige christliche Anthropozentrik und fordert die christlichen Kirchen auf, ihre eigenen tierfreundlichen Traditionen wieder zu entdecken und von anderen Religionen und neueren philosophischen Ethikansätzen zu lernen. Zu diesem Thema ist soeben auch sein Buch erschienen: "Die Würde des Tieres ist unantastbar - eine neue christliche Tierethik". Seit 2009 ist Remele Fellow des von Prof. Andrew Linzey geleiteten Oxford Centre for Animal Ethics. Remele ist verheirateter Vater von drei Kindern, ist Vegetarier, hat einen Hund und lebt in Graz.

Service

Kurt Remele, "Die Würde des Tieres ist unantastbar. Eine neue christliche Tierethik", Verlag Butzon & Bercker

Sendereihe

Gestaltung