Gedanken für den Tag

von Topsy Küppers, Schauspielerin und Autorin. "Jedes Wort hinterlässt eine Spur" - Zum 100. Todestag des Dichters Scholem Alejchem. Gestaltung: Alexandra Mantler

Scholem Alejchem - Friede sei mit Euch!

Großeltern bedeuten vielen Menschen manchmal mehr, als ihre Eltern. Damals wie heute. Denn Zuwendung und Zureden der Altvorderen ist oft zielführender als elterliche Standpauken.

Als Scholem Alejchem ein junger Mann war, plante er einen großen Liebesroman über einen Teufelsgeiger, der durch die Städte zog, und dem die Frauen zu Füßen lagen. Nein, nein, es war nicht Paganini, es war viel früher, es war Stempenju - aus Galizien.

Scholems Großvater war der berühmte Rabbi Mendele Moische Sefarim. Mendele, der Wanderbuchhändler, so nannte sich der Rabbiner bescheiden. Denn in einer Zeit, als es keine Buchhandlungen gab, wanderte der Rabbi von Stettl zu Stettl und bot Bücher an. Er wurde überall sehnsüchtig erwartet, denn lesen und schreiben war für Juden eine Selbstverständlichkeit.

An einer Stelle in einem Brief, den Scholem an seinen Großvater schrieb, heißt es: "Mein Liebesroman STEMPENJU ist Euch zu Ehren geschrieben worden und ganz Euer. Eure Worte sind mir tief ins Hirn eingedrungen, und ich begann zu verstehen, wie sehr sich ein Liebesroman von allen anderen Geschichten unterscheiden muss, weil die Umstände, unter denen ein Jude die Liebe erlebt, der Liebe anderer Menschen keineswegs gleicht."

Und der Großvater Rabbi Mendele antwortete: "Ich liebe es, wenn in Eurem Buch Leben, Verstand und Gedanken enthalten sind, wie bei einem lebendigen Menschen."

Die Geschichte über den Geiger Stempenju, der die Frauen mit - für damalige Zeit - unverschämter Direktheit verführte, hat Alejchem, so wie alle anderen Bücher in Jiddisch geschrieben. Seine wunderbaren Geschichten, seine Theaterstücke, die übrigens von dem Regisseur Max Reinhardt alle abgelehnt wurden, brachten ihm wenig ein.

Aber der Rat des Großvaters, dass ein Buch Leben, Verstand und Gedanken wie bei einem lebendigen Menschen enthalten soll, begleitete Scholem Alejchem sein ganzes kurzes Leben lang. Er notierte: "Jedes Wort hinterlässt eine Spur - wenn es aus dem Herzen kommt." Scholem Alejchem starb am 13. Mai 1916 im Alter von nur 56 Jahren.

Service

Kostenfreie Podcasts:
Gedanken für den Tag - XML
Gedanken für den Tag - iTunes

Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Titel: GFT 160513 Gedanken für den Tag / Topsy Küppers
Länge: 03:49 min

Komponist/Komponistin: Antonio Carlos Jobim/1927 - 1994
Album: STEPHANE GRAPELLI / JEAN LUC PONTY
Titel: The girl from Ipanema/instr.
Anderssprachiger Titel: Garota de Ipanema/instr.
Solist/Solistin: Stephane Grappelli /Violine m.Begl.
Solist/Solistin: Eddy Louiss /Orgel
Solist/Solistin: Marc Hemmeler /Piano
Solist/Solistin: Jimmy Gourley /Gitarre
Solist/Solistin: Guy Pedersen /Bass
Solist/Solistin: Kenny Clarke /Drums
Länge: 02:00 min
Label: Accord 139210

weiteren Inhalt einblenden