Logos - Theologie und Leben
"Was glauben Sie?" - Die Psychoanalytikerin Veronica Gradl. Gestaltung: Johannes Kaup
21. Mai 2016, 19:05
Sie wollte deutlich machen, was Seele ist, wonach sie strebt und auf welche vielfältigen Weisen sich seelisches Leben ausdrückt. Das führte Veronica Gradl von ihrer ersten Tätigkeit als Schauspielerin zu ihrem Beruf als Ärztin und letztlich in ihre eigentliche Berufung: der Arbeit als Psychoanalytikerin.
1934 in Berlin geboren, erlebte sie im Zweiten Weltkrieg eine unruhige Kindheit auf der Flucht von Ostpreußen an einen Bauernhof in Oberfranken, dann nach Bamberg und letztlich nach München. Dort maturierte sie 1953, besuchte die Schauspielschule in München-Pasing und spielte danach drei Jahre lang Theater in Frankfurt und Wilhelmshaven. "Über die Freiheit der Rollengestaltung gelang es mir, wieder an meine Gefühle zu kommen", erzählt sie über diese Zeit.
Doch bald wuchs in ihr die Erkenntnis, dass sie diesen Gefühlen mittels eines anderen Berufs auf den Grund gehen sollte. Sie wollte "geistig festen Boden unter den Füßen bekommen" und wollte wissen, wie sich die Seele im Körper ausdrückt. Gradl ging zum Medizinstudium nach Berlin, promovierte dort als Ärztin und Psychiaterin. Während des Studiums heiratete sie den aus Bayern stammenden Techniker Wilhelm Gradl, mit dem sie vier Kinder bekam. Durch den frühen Tod ihrer Tochter wendete sich Veronica Gradl der Psychoanalyse zu, die sie im Arbeitskreis für Tiefenpsychologie von Igor Caruso in Salzburg näher kennengelernt hatte. Gradl folgte ihrem Mann nach Innsbruck, wo sie eine psychoanalytische Praxis aufbaute.
Überregional bekannt wurde Gradl durch die Arbeit mit ihren Traumgruppen. Träume sind für Veronica Gradl "wie ein Sextant für den Kapitän auf hoher See" und "Gottes vergessene Sprache", die man allerdings lesen lernen muss. Eine Besonderheit ihrer psychoanalytischen Arbeit liegt in der intensiven Auseinandersetzung mit biblischen Texten und Motiven. Dies wird bereits in ihrem ersten 1989 erschienenen Buch "Die Ruhe des 7. Tages und die Ohnmacht der Kraft" deutlich, dem elf weitere Bücher folgen sollten. Systematisch arbeitet Veronica Gradl das in ihrem 2015 im Echter-Verlag erschienen 650-Seiten starken Lebenswerk "Wegbereitung" auf. Johannes Kaup hat die Ärztin und Psychoanalytikerin Veronica Gradl besucht und über ihr Leben und ihren Glauben gesprochen.
