Gedanken für den Tag

von Karl Sigmund, emeritierter Professor für Mathematik an der Universität Wien. "Zwischen Physik und Philosophie" - Zum 100. Todestag von Ernst Mach. Gestaltung: Alexandra Mantler

Ernst Mach - Physiker und Antimetaphysiker

Ernst Mach kam 1838 zur Welt und wuchs nahe bei Wien auf. Sein Vater, ein ehemaliger Lehrer, betrieb dort eine Landwirtschaft und unterrichtete seine Kinder oft selbst. Da nebenher noch viel Freizeit blieb, lernte Ernst auch das Tischlerhandwerk.

Beim Stöbern in den Büchern des Vaters stieß der Lehrling auf eine Schrift mit einem sonderbaren Titel: "Prolegomena zu einer jeden künftigen Metaphysik, die als Wissenschaft wird auftreten können." Autor war ein gewisser Immanuel Kant. Der Moment wurde für Mach entscheidend. In seinen Worten:

"Diese klar und verhältnismäßig leicht geschriebene Schrift verschlang der 15-jährige Junge mit Begierde. Sie machte einen gewaltigen Eindruck auf ihn, zerstörte den naiven Realismus des Jungen und vernichtete durch den Einfluss des Metaphysikers Kant alle Neigung zur Metaphysik bei ihm. Das ,Ding an sich' erkannte ich noch als Knabe als eine unnütze metaphysische Erfindung, als eine metaphysische Illusion."

Später schuf Mach mit seinem Buch "Die Mechanik in ihrer Entwicklung" einen Klassiker der Physik. Schon im ersten Absatz kommt er zur Sache: "Vorliegende Schrift ist kein Lehrbuch zur Einübung der Sätze der Mechanik. Ihre Tendenz ist vielmehr eine aufklärende oder, um es noch deutlicher zu sagen, eine anti-metaphysische."

Mach ist radikal: Alles Wissen beruht auf Erfahrung, und alle Erfahrung auf Sinneswahrnehmungen. Mach meint: "Wir kennen also nur die Erscheinung. Das Ding an sich nicht. Also nur die Welt unserer eigenen Empfindung. Dann können wir auch nicht wissen, ob es ein Ding an sich gibt. Es hat keinen Sinn, davon zu sprechen." Und Mach fährt fort: "Eine Reihe von störenden Scheinproblemen fällt damit weg."

Seine Absicht, schreibt Mach, sei "nicht etwa eine neue Philosophie einzuführen, sondern eine alte abgestandene zu entfernen." Und Mach fügt hinzu: "Verzicht auf Unsinn ist keine Resignation."

Service

Karl Sigmund, "Sie nannten sich DER WIENER KREIS - Exaktes Denken am Rand des Untergangs", Verlag Springer

Ernst Mach Centenary Conference 2016

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Titel: GFT 160614 Gedanken für den Tag / Karl Sigmund
Länge: 03:49 min

Komponist/Komponistin: Johann Sebastian Bach/1685 - 1750
Gesamttitel: Sechs Sonaten für Querflöte BWV 1030 - 1035
* Siciliano - 2.Satz (00:02:03)
Titel: Sonate für Flöte und obligates Cembalo in Es-Dur BWV 1031
Solist/Solistin: Peter Lukas Graf /Flöte
Solist/Solistin: Jörg Ewald Dähler /Cembalo
Länge: 02:00 min
Label: Claves 50401

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