Ein Grabkreuz

APA/GEORG HOCHMUTH

Dimensionen - die Welt der Wissenschaft

Geist ohne Körper
Eine kleine Literaturgeschichte der Gespenster
Von Martin Haidinger

Gespenster erwecken Grusel beim Leser, aber sie verweisen immer auch auf Defizite in der Gesellschaft: Von mittelalterlichen "Wiedergängern", die gut machen wollen, was andere an ihnen verdarben, über die in Menschen verliebten Gespenster in deutschen Balladen des 19. Jahrhunderts bis zu den Geistererscheinungen in Filmdichtungen des 20. Jahrhunderts, die irdische soziale Phänomene übersteigern, verarbeiten oder vorbereiten. Auch Gender-Aspekte werden von der Literatur- und Kulturwissenschaft zunehmend im schauerlichen Genre entdeckt. Auch wenn Gespenster als Grenzgänger zwischen Leben und Tod kein natürliches Geschlecht besitzen, bleiben sie doch "gegendert" und sind Ausdruck historischer Entwicklungen. Die "Femme naturelle", ein Gegenstück zur "Femme fatale", taucht wie eine Coverversion archaischer Naturgeister in der Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts auf. Ist dieses magische Wesen eine Vorbotin postmoderner Zivilisationskritik?

Sendereihe