Eine Frau hält sich die Hand vor das Gesicht

APA/dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Radiodoktor - Medizin und Gesundheit

Für Angst muss man sich nicht schämen oder rechtfertigen


Jeder Mensch kennt das Gefühl von Angst. Sei es vor einer Prüfung, einem Vorstellungsgespräch oder dem Zahnarztbesuch. Biologisch gesehen ist Angst auch eine durchaus sinnvolle Reaktion, denn durch die erhöhte Ausschüttung der Hormone Adrenalin und Noradrenalin erhalten wir kurzfristig mehr Energie und können so schnell auf eine Bedrohung reagieren, indem wir zum Beispiel flüchten oder uns kampfbereit machen. Bei Menschen, die von einer Angsterkrankung betroffen sind - das sind immerhin etwa 15 Prozent der Bevölkerung, ist diese "Alarmanlage aber außer Kontrolle geraten". Sie springt überdurchschnittlich häufig an und für Außenstehende meist ohne ersichtlichen Anlass.
Während Erkrankungsbilder wie Depression und Burnout schon etwas "salonfähiger" geworden sind, schämen sich die meisten Betroffenen (besonders die Männer) zuzugeben, dass Ängste ihr Leben bestimmen.

Angststörungen werden in zwei Gruppen unterteilt, und zwar in "gerichtete" und "ungerichtete" Ängste. Von letzteren Betroffene können nicht genau sagen, wovor sie eigentlich Angst haben. In diese Gruppe fällt die Panikstörung, die wohl bedrohlichste Form einer Angststörung. Ebenso zu den "ungerichteten" Ängsten gehört die so genannte generalisierte Angststörung. Davon Betroffene sind geplagt von andauernden Sorgen und Befürchtungen, die nicht selten psychosomatische Beschwerden nach sich ziehen, vor allem im Magen-Darm-Bereich.

Zu den "gerichteten" Ängsten zählt man erstens die Sozialphobie. Sie ist die am häufigsten vorkommende Angststörung und nach Depressionen und Alkoholproblemen die dritthäufigste psychische Erkrankung. Menschen mit Sozialphobie haben panische Angst, in der Gegenwart anderer etwa zu essen, zu schreiben, zu reden usw. Denn sie glauben, sie würden in eine überaus peinliche Situation geraten, z.B. indem sie zittern, erröten oder zu schwitzen beginnen. Eine Fahrt in einer vollen U-Bahn kann für sie ebenso zu einer unerträglichen Qual werden, wie eine gesellige Runde beim Heurigen.

Es gibt dutzende Arten von weiteren Phobien. Recht bekannt ist die Agoraphobie - betroffene Menschen habe eine große Scheu vor öffentlichen Orten. Die dritte Form der "gerichteten Ängste" sind schließlich die spezifischen Phobien. Davon Betroffene haben übertriebene Angst vor verschiedenen Dingen. Unter anderem vor Insekten, Blut, engen Räumen oder Höhen.

Die Ursachen für die Entwicklung einer Angststörung sind individuell sehr verschieden. Durch mehrere Untersuchungen belegt ist, dass eine Angststörung eher dann auftritt, wenn ein Mensch in den ersten zwei, drei Lebensjahren zu wenig Urvertrauen erwerben konnte, bzw. wie es in der Fachsprache heißt, sich nicht "sicher gebunden" fühlte. Ebenso begünstigend für das Auftreten einer Angsterkrankung sind - psychoanalytischen Modellen zufolge - Traumen jeglicher Art, zum Beispiel ein Unfall, eine schwere körperliche Erkrankung oder ein Missbrauchserlebnis. Die Lerntheorie wiederum geht davon aus, dass Ängste aufgrund einseitiger negativer Situations-Bewertungen seitens der Betroffenen entstehen. Als mögliche biologische Ursachen für eine Angststörung werden eine genetische Disposition sowie neuroanatomische und neurochemische Veränderungen diskutiert.

Seit einigen Jahren gibt es auch gesellschaftlich betrachtet neue Gründe um besorgt zu sein. Seit der Wirtschaftskrise 2008 verspüren viele Menschen eine existenzielle Bedrohung. Faktoren wie hohe Arbeitslosigkeit, Angst vor Kündigung mit all ihren Folgen betreffen nicht nur ältere, sondern in zunehmendem Maß auch jüngere Berufstätige. Dazu kommen Ängste vor dem Versagen, dem Nicht-Genügen und dem Kontrollverlust im Beruf.
Und seit zwei Jahren haben die Krisenherde dieser Welt die EU erreicht. Viele Personen empfinden die Flüchtlings- und Migrationsströme als Bedrohung.

Diesmal diskutiert Univ.-Prof.in Dr.in Karin Gutiérrez-Lobos mit ihren Gästen über Ängste und Angsterkrankungen, über psychotherapeutische und pharmazeutische Behandlungsmethoden.

Eine Sendung von Mag.a Sarah Binder und Dr. Christoph Leprich
Redaktion: Dr. Christoph Leprich


Sendungsgäste im FH Wien:
Dr.in Christa G. Pölzlbauer, Vizepräsidentin des Österreichischen Bundesverbands für Psychotherapie;
A-1030 Wien
Löwengasse 3/3/Top 4
Tel.: +43/(0)1/512 70 90
Fax: +43/(0)1/512 70 90.44
E-Mail: christa.poelzlbauer@chello.at
Homepage: https://www.psychotherapie.at/oebvp/organisation/praesidium

Univ.-Prof. Dr. Harald Sitte, vom Zentrum für Physiologie und Pharmakologie am Institut für Pharmakologie der Meduni Wien,
Währingerstrasse 13A
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Tel.: +43/(0)1/40160-0
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Homepage: https://www.meduniwien.ac.at/hp/phd-mst/research-labs/univprofdrharald-sitte/

Prim. Dr. Friedrich Riffer, Facharzt für Psychiatrie; Psychotherapeut; ärztlicher Direktor des Psychosomatischen Zentrums Waldviertel - Eggenburg und Abteilungsvorstand der Sozialpsychiatrischen Abteilung La

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Sendungsgäste im FH Wien:
Dr.in Christa G. Pölzlbauer, Vizepräsidentin des Österreichischen Bundesverbands für Psychotherapie;
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Prim. Dr. Friedrich Riffer, Facharzt für Psychiatrie; Psychotherapeut; ärztlicher Direktor des Psychosomatischen Zentrums Waldviertel - Eggenburg und Abteilungsvorstand der Sozialpsychiatrischen Abteilung Laa an der Thaya
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3830 Waidhofen an der Thaya
Tel.: +43/(0)676/618 79 53
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Weitere Anlaufstellen und Info-Links:
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Dietrichgasse 25
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Tel.: +43/(0)/732/78 53 97
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Selbsthilfegruppen zum Thema Angst in Wien
Selbsthilfegruppen zum Thema Angst Österreichweit von netdoktor
Deutsches Onlineberatungs-Forum "Neurologen und Psychiater im Netz"
Online-Forum mit allgemeinen Infos zur Panikstörung, Buchtipps, sowie vielen Adressen von FachärztInnen, Selbsthilfegruppen etc.
Deutsches Angst-Forum
"Angststörungen. Diagnostik, Konzepte, Therapie, Selbsthilfe" - Artikel von Dr. Hans Morschitzky (Linzer Klinischer und Gesundheitspsychologe)

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