Gedanken für den Tag

24. November 2016, 06:56

Heute wird in Amerika und Kanada Thanksgiving gefeiert, zu deutsch "Danksagung", eine Art Erntedankfest, man zitiert Elemente aus dem Pionierleben der Pilgerväter und trägt somit einem gewissen nationalen Charakter Rechnung.

Thanksgiving ist aber auch das wichtigste Familienfest im Jahreskreis, alle Familienmitglieder und Freunde kommen zusammen, und essen Truthahn. In der beliebten Comicserie "The Simpsons" gibt es eine Folge, bei der genauso ein Thanksgiving Fest im Mittelpunkt steht. Alle sind da, als Vater Homer das Dankesgebet bei Tisch sprechen soll. Er steht auf, räuspert sich und sagt: "Lieber Gott, wir haben hier für alles selbst bezahlt, also danke für nichts!" Eine typische Szene für unsere Welt, für unsere Zeit?

Ein großer Feind der Dankbarkeit ist das weitverbreitete Gefühl: Das habe ich verdient! Es steht mir zu. Verstärkt wird dieses Gefühl durch die Werbung, zweifellos einer der größten Quellen gesellschaftlicher Undankbarkeit. Tag für Tag, Jahr für Jahr werden von dieser Industrie Milliarden Euro investiert, um uns zu Egoisten zu erziehen. "Geiz ist geil" und "Weil ich es mir wert bin": Diese Botschaften prägen unser Denken und unser Tun, die Werbung schärft unsere Sinne für all das, was wir glauben, zu brauchen. Wer richtet da noch den Blick auf das, was er bereits hat?

Warum fällt es uns so schwer, uns einzugestehen, dass wir dankbar sind. Wie das Gefühl des Vertrauens beinhaltet auch die Dankbarkeit das Eingeständnis unserer Verletzlichkeit. Unser Leben ist immer in Schwebe und hängt von anderen Menschen, Umständen und Gegebenheiten ab. Der römische Philosoph Seneca sagte, dass "kein Laster das harmonische Zusammenleben der Menschen so sehr gefährdet wie die Undankbarkeit." Undankbare Menschen sind nicht fähig, am Kreislauf von Geben und Nehmen teilzuhaben. Die Verbundenheit der Dankbarkeit, der Kitt unserer Gesellschaft geht verloren.

Service

Barbara Stöckl, "Wofür soll ich dankbar sein?", Verlag Ecowin

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Sendereihe

• Gedanken für den Tag

Gestaltung

• Alexandra Mantler