Gedanken für den Tag

20. Dezember 2016, 06:56

Seit dem Samstag vor dem ersten Advent haben sie sich in allen Räumen unserer Wohnung breit gemacht: Rudolph, das Rentier in Lila, die Erzgebirgefiguren, die schiefen Papierengel, die im Kindergarten gebastelt wurden, die Kerzen und Sterne.

Es ist kein roter Faden zu erkennen, meine Enkelkinder und ich haben aus meinem reichhaltigen Sortiment das herausgeholt, was jedem gerade gefallen hat und es so positioniert, wie es richtig erschien. Mit professioneller Dekoration hat das absolut nichts zu tun, aber das stört uns nicht, wir finden es schön. Das Holz, die roten Kerzen, das Grün der Zweige, das Gold - es macht unsere Wohnung heimelig, fast ein wenig zu sehr. Dazu noch der Klang der Weihnachtslieder, diese Musik, die ans Herz geht.

Letztes Jahr um diese Zeit wurde unsere Stadt beherrscht vom großen Transitcamp, wo Tag für Tag an die 1200 Menschen auf der Flucht durchgeschleust wurden. Eine kurze Pause einlegen konnten, ein wenig Wärme tanken, etwas zu essen, genug Steckdosen, um die Handys aufzuladen, saubere, trockene Kleidung im Tausch gegen nasse und schmutzige, ärztliche Versorgung, Windeln für die Babys. Für die Kinder Buntstifte und Papier, etwas Süßes. Ein paar freundliche Worte, auch wenn wir die jeweils andere Sprache nicht verstanden.

Die Profis vom Roten Kreuz, Bundesheer, Polizei und viele Freiwillige arbeiteten Hand in Hand. Heimelig war da gar nichts, wenn ich um halb sechs in der Früh meine Schicht begann. Anstatt Kerzen Flutlicht, anstatt Engel übernächtigte Menschen, anstatt Deko und Weihnachtslieder Schmutz, Kindertränen, Elend. Aber alles, was da war ging ans Herz und unter die Haut. Und es hat die Notwendigkeit der Weihnachtsbotschaft vom Frieden auf Erden deutlicher vermittelt als viele geschmückte Wohnungen.

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Sendereihe

• Gedanken für den Tag

Gestaltung

• Alexandra Mantler