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AP/JOSE LUIS MAGANA

Gedanken für den Tag

von Sarah Egger, Geschäftsführerin des Koordinierungsausschusses für christlich-jüdische Zusammenarbeit. "Zwischen den Jahren. Von Kalendern und Fest-Zeiten". Gestaltung: Alexandra Mantler

Neujahr als Erinnerung an die Neuheit der Gegenwart

Es kann entmutigend sein, sich mit Geschichte auseinanderzusetzen. Nicht nur, wenn wir vor den grauenvollen Dingen erschrecken, die uns daraus entgegenschauen, sondern insbesondere auch, wenn wir auf etwas Positives stoßen. Wer von den schlimmsten Abgründen liest, zu denen sich die Menschheit in der Vergangenheit hat hinreißen lassen, findet vielleicht Trost in dem Gedanken, dass es heutzutage etwas gibt, was es damals nicht gab - eine Institution, eine Bewegung, viel mehr Einzelpersonen, die dagegenhalten. Umso schlimmer ist es, zu entdecken, was es alles an Positivem auch in den dunkelsten Stunden der Menschheitsgeschichte gab. Wenn so viel Gutes das Furchtbare nicht aufhalten konnte, welche Chancen haben wir dann heute?

Es ist leicht, der Illusion zu erliegen, "jetzt habe ich eine so gute Idee, die noch niemand vor mir hatte" oder "jetzt sind wir in so einer einmaligen Situation im Vergleich zu damals, jetzt muss es doch besser werden!". Umso entmutigender ist es dann, draufzukommen, dass der gute Gedanke schon gedacht wurde und die Lage nicht so einmalig ist, und dass alles nichts geholfen hat.

Aber das Neujahrsfest kann daran erinnern, dass jede Zeit einzigartig ist. Dass es in jeder Zeit etwas gibt, was es in keiner Zeit vor ihr gab: Nämlich eben jene Zeit vor ihr, eben jene Erfahrungen, eben jene Abzweigungen der Geschichte. Chadesch Jamenu keKedem, "Mache unsere Tage neu wie einst", diesen rätselhaften Satz aus Klagelieder 5,21f. beten wir Jüdinnen und Juden, wenn während des Gottesdienstes die Torah nach der Lesung zurück in den Aron haKodesch, den Toraschrein, gestellt wird. Aber ganz unabhängig von der Religion: Mögen wir Menschen uns an Neujahrsfesten immer wieder daran erinnern, dass bei allen Ähnlichkeiten, die unsere Zeit mit der Vergangenheit aufweisen kann, sie tatsächlich eine ganz neue Zeit ist. Sie kann sich in jede Richtung entwickeln, die wir ihr geben. Wir haben sie in der Hand.

Service

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Titel: GFT 161231 Gedanken für den Tag / Sarah Egger
Länge: 03:49 min

Komponist/Komponistin: Alan Bern
Album: ITZHAK PERLMAN / KLEZMER / IN THE FIDDLER'S HOUSE
Titel: Reb Itzik's nign/instr.
Ausführende: Brave Old World /Instrumental
Länge: 02:00 min
Label: EMI Classics 5555552

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