Golli Marboe

ORF/URSULA HUMMEL-BERGER

Gedanken für den Tag

von Golli Marboe, Journalist. "Über den Handyrand schauen". Gestaltung: Alexandra Mantler

Es entspricht einer ganz natürlichen Sehnsucht des Menschen, sich mit Gleichgesinnten zu umgeben. Man setzt sich im Stadion zu den Fans des eigenen Fußballvereins, man trifft sich zum Tarockieren, man ist vielleicht sogar Mitglied in einer Partei, bei der Gewerkschaft oder in einer Kirche.

Im Netz gibt es inzwischen unzählige solche Freundeskreise. Man präsentiert sich dann auf Instagram, Snapchat, You tube, in Bloggs oder auf Facebook. Anders aber als im Fußballstadion oder in der Kartenrunde wird man damit in der Regel nicht glücklich.

Denn wirklich zufrieden ist man auf sozialen Plattformen laut Studien der Medienwissenschaft nur dann, wenn man an seinem eigenen Account arbeitet. Also ein neues, besonders gelungenes Bild oder Video von sich selbst ins Netz stellt.

Sobald man aber Nachrichten von anderen erhält, neigt man dazu, traurig zu werden. Denn diese "Freunde" machen noch schönere Bilder, können von weitaus attraktiveren Reisezielen berichten oder haben einen Prominenten getroffen, den man selbst so gerne einmal kennen gelernt hätte.

Und obwohl man doch von der Herstellung des eigenen Accounts wissen müsste, dass bei weitem nicht alles so gold glänzt, wie es wirkt, wird man irgendwie sogar neidisch auf andere und auf deren wunderbares viel besseres Leben, als das eigene sich anfühlt. Zu viel social media-Kommunikation macht also zwangsläufig traurig.

Es gibt auch andere Beispiele: Als unser jüngster Sohn in der Volksschule war, da liebte er es, Star Wars Figuren und Raumschiffe aus Lego zu bauen. Diese Liebe brachte ihn zu You Tube. Denn dort fanden sich Gleichgesinnte. Buben in seinem Alter, die in selbstgedrehten Videos Bastel- und Herstellungstricks erläuterten. Eine kleine Gemeinschaft von Gleichgesinnten ist entstanden und auch unser Sohn hat begonnen, Videos zu drehen, die er dann via YouTube ins Netz stellte. Der Bub lernte Kinder aus verschiedenen Regionen Europas kennen, seine Kreativität wurde angeregt, das Eigenengagement gefördert, etc
Es geht also, wie so oft, um die Unterscheidung der Geister! Suche ich im Netz nach einer Gruppe von Menschen, die sich mit etwas beschäftigt, das mich auch in meinem restlichen analogen Leben begeistert, oder hechle ich einer Idee nach, die mir von anderen als relevant dargestellt wird, aber eigentlich gar nicht so viel mit meinem tatsächlichen Leben und mit meinen Interessen zu tun hat?

Ich glaube, darauf sollten wir bei unseren Freundeskreisen im Netz achten und diese immer wieder überprüfen, um nicht an der Oberfläche zu verharren, sondern tiefer in jede Materie eindringen zu können, ganz im Sinne Martin Bubers: "Der Zweifel gehört zur echten Fruchtbarkeit, man muss durch ihn hindurch, es geht kein anderer Weg als dieser gefahrvolle in die große Gewissheit". (Martin Buber)

Service

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Scott Joplin/1868 - 1917
Bearbeiter/Bearbeiterin: Maure
Bearbeiter/Bearbeiterin: Transkription
Titel: Easy winners - Ragtime / Bearbeitung für Saxophonquartett
Ausführende: Quatuor de Saxophones de Paris
Ausführender/Ausführende: Daniel Ligier /Sopransaxophon
Ausführender/Ausführende: Francis Caumont /Altsaxophon
Ausführender/Ausführende: Alain Jousset /Tenorsaxophon
Ausführender/Ausführende: Philippe Duchesne /Baritonsaxophon
Länge: 02:00 min
Label: ADDA 581018

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