Lojze Wieser

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30 Jahre Wieser-Verlag

Tschachoritsch - frei übersetzt "Hinterm Berg" - heißt jener Ort bei Klagenfurt, in dem der Verleger Lojze Wieser aufwuchs. Damals, in den 50er Jahren, sprachen 95 Prozent der dortigen Bewohner Slowenisch, der kleine Rest Deutsch. Heute ist es genau umgekehrt. Vielleicht hat Wieser das vorausgeahnt, als er als junger Mann einen Verlag gründete und sich bis heute der Übersetzung und Verbreitung des Slowenischen und anderer an den europäischen Rand gedrängter Sprachen verschrieben hat.

Heuer feiert jenes Gründungswerk, der renommierte Wieser Verlag, sein 30jähriges Bestehen: ein Geburtstag, der für Lojze Wieser Anlass zu Freude und Stolz ist.

1.400 Bücher - größtenteils Übersetzungen aus den ost- und südosteuropäischen Ländern - sind bis heute im Wieser Verlag erschienen. Allein in der viel beachteten Serie "Europa erlesen" wurden 200 Bände verlegt; und demnächst wird Wiesers Buch zum Verlags-Jubiläum erscheinen, sein Titel: "Im dreißigsten Jahr". Allen Projekten gemeinsam ist dabei der Wunsch, Vielstimmigkeit zu erzeugen. Das Wort "Vielstimmigkeit" spricht Wieser aus wie ein Zauberwort, wenn er von seiner Kindheit erzählt. Die Schönheit der Sprache offenbarte sich damals nicht zuletzt in der Musik:

"O Rosentol" ist eines der bekanntesten Kärntner Volkslieder. Lojze Wieser erzählt, dass die Melodie dieser bei den Kärntnern heute so beliebten Verse ursprünglich von slowenisch sprechenden Bauern in den Bergen gesungen wurde. Lauscht Verleger Lojze Wieser in seine eigene Vergangenheit hinein, ertönen ebenfalls Klänge: die Lieder, die seine Familie einst gesungen hat. Auf einer alten knisternden, fast schon brüchigen Schallplatte sind einige Strophen erhalten geblieben: Lojze Wiesers Mutter Ana ist als Solistin zu hören.

Vor 30 Jahren ist Lojze Wieser mit einer Handvoll Mistreitern angetreten, um für Vielstimmigkeit zu kämpfen. Darunter der Lektor und Publizist Ludwig Hartinger sowie der Schriftsteller Karl Markus Gauss. Das Credo lautete: blinde Flecken in Europa sichtbar machen. Mit der europäischen Erweiterung ist das Interesse etwas abgeflacht, das verwundert Lojze Wieser. Schließlich ist es die Melodik, die Musik der Sprache eines jeden Volkes, die eine existentielle Grundlage bietet. Eine Grundlage für das Leben der Menschen, die sie hören.- Gestaltung: Christa Eder

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