Das Ö1 Konzert

Wiener Philharmoniker, Dirigent: Sakari Oramo; Janine Jansen, Violine; Anu Komsi, Sopran. Peter Iljitsch Tschaikowsky: Konzert für Violine und Orchester D-Dur op. 35 * Rued Langgaard: Symphonie Nr. 2, "Varbrud" (Frühlingserwachen) (1912-1914; Österreichische Erstaufführung); (aufgenommen am 22. April im Großen Konzerthaussaal in Wien in Dolby Digital 5.1 Surround Sound). Präsentation: Peter Kislinger

"Stinkende" Geigenmusik und dänisches Frühlingserwachen -
Tschaikowsky Violinkonzert und die Symphonie Nr. 2 "Frühlingserwachen" von Rued Langgaard

Als 1952 Rued Langgard, 31 Jahre nach Carl Nielsen, im 60. Lebensjahr verstarb, hinterließ der introvertierte Exzentriker 400 Kompositionen, darunter 16 Symphonien und 7 Streichquartette: Werke mit oft ekstatischem Gestus. Nielsen wollte weg von der "Spät"-romantik; Langgards Symphonien bauen auf ihr auf. "Unser großer Carl Nielsen" heißt eine böse, sarkastische, auch verzweifelte 32-taktige Komposition von Langgaard aus dem Jahr 1948. 32 Takte, die "bis in alle Ewigkeit" zu den Worten "Carl Nielsen, unser großer Komponist!" gesungen werden sollen. Langgaard fühlte sich von Nielsen verfolgt bzw. von der Nielsen-Verehrung an den Rand gedrängt.

Ob man die Musik von Langgaard unbedingt kennen müsse, habe ich Sakari Oramo, der die Aufführung der 2. Symphonie mit dem Titel "Frühlingserwachen" im Wiener Konzerthaus leitete, während einer Probe gefragt. Nach kurzem Zögern sagte der Chefdirigent des BBC Symphony Orchestra und des Royal Stockholm Philharmonic, würde er dessen Musik nicht kennen, dann wäre sein Leben ärmer, er sei "aber nicht bereit zu sagen, dass jeder Langgaard kennen müsse. Er war ein extremer Mensch, der sich in seiner Jugend der emotionsgeladenen, ekstatischen Spätromantik anschloss. Seine Frühwerke haben einen megalomanischen Zug, andererseits hat er ein sehr gutes Ohr für Instrumentationsdetails und die menschliche Stimme. Langgaard war ein Komponist mit vielen, sehr guten Qualitäten, aber ohne den Bahn brechenden Charakter eines Carl Nielsen."

Die Klangsprache dieses 1912-14 entstandenen Werkes sei nicht nur an Richard Strauss orientiert, sondern auch an den Schweden Alfvén und Stenhammar. Gewisse Harmonien oder Rhythmisches könnten "eigentlich von diesen zwei Herren sein: 12/8-, 9/8-, 6/8-Takte in einer Episode; die solistisch, fast außerhalb des üblichen Bläsersatzes gemeinsam mit den tiefen Streichern eingesetzte Bassposaune könnte von Stenhammar sein.
Der 1. Satz besteht eigentlich aus vier Sätzen: Hauptteil, langsamer (amoroso) Teil, ein Scherzando im 6/8-Takt vielleicht den "Frühlingsstimmenwalzer" von Johann Strauß zitierend; und die Wiederholung des ersten Teils, aber mit noch größerem Schwung.
Der 2. Satz, "religioso" ist sparsam instrumentiert; die Bratschenstimmen sind geteilt, was dem Klang in der Mittellage ein Gefühl der Fülle gibt. In der Mitte des 2. Satzes kommt dieser, wie ich das nenne, Alien-Teil. Da strömt eine außerirdische Musik aus dem Kosmos herein, ein Augenblick vollkommener Stille, aber doch großer Spannung - die einzige Passage, in der Langgaard hier die Harfe einsetzt, nur zwölf Takte, aber gleichsam eine fremde Farbe.
Der 3. Satz beruht auf einem naturschwärmerischen, poetischen, ein wenig schwülstigen, aber recht frischen und schönen Gedicht, finde ich: Frühlingserwachen eben. Man könnte die sehr dramatische, hohe Sopranpartie, die über dem Orchester schwebt, mit der Venus aus Wagners ,Tannhäuser' vergleichen." Die Sopranistin, Anu Komsi, ist Oramos Ehefrau.
Musik für die Wiener Philharmoniker? "Gewiss! Der berühmte Klang dieses Orchesters ist eigentlich für diese Musik sehr geeignet, auch der Detailreichtum kommt dank des Spielstils zu seinem Recht." Die Kommentare, die Oramo von den Musikern gehört hat, sind sehr positiv gewesen. Am 14. und 15. April 2018 werden die Wiener Philharmoniker und Oramo die Symphonie Nr. 6 "Det Himmelrivende" im Wiener Konzerthaus im Zyklus Meisterwerke 2017/18 vorstellen.

Service

Diese Sendung wird in Dolby Digital 5.1 Surround Sound übertragen. Die volle Surround-Qualität erleben Sie, wenn Sie Ö1 unter "OE1DD" über einen digitalen Satelliten-Receiver und eine mehrkanalfähige Audioanlage hören.

Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Peter Iljitsch Tschaikowsky/1840 - 1893
Titel: Konzert für Violine und Orchester in D-Dur op.35
* Allegro moderato - 1.Satz
* Canzonetta - 2.Satz
* Finale. Allegro vivacissimo - 3.Satz
Violinkonzert
Solist/Solistin: Janine Jansen / Violine
Orchester: Wiener Philharmoniker
Leitung: Sakari Oramo
Länge: 35:10 min

Komponist/Komponistin: Peter Iljitsch Tschaikowsky/1840 - 1893
Titel: Melodie - Nr.3 aus "Souvenir d'un lieu cher" op.42 für Violine und Klavier
Solist/Solistin: Janine Jansen / Violine
Orchester: Wiener Philharmoniker
Leitung: Sakari Oramo
Länge: 03:45 min

Komponist/Komponistin: Rued Langgaard/1893 - 1952
Vorlage: Emil Rittershaus (3. Satz) / 1834-1897
Titel: Symphonie Nr. 2 "Vårbrud" / "Frühlingserwachen" (1912-1914) (ÖEA)
* Satz Allegro con anima - Lento - Con moto - Tempo primo - Maestoso festivo alla marcia - 1. Satz
* Lento religioso quasi adagio - 2. Satz
* Molto con moto (mit Sopransolo) - 3. Satz
Solist/Solistin: Anu Komsi / Sopran
Orchester: Wiener Philharmoniker
Leitung: Sakari Oramo
Länge: 38:44 min

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