Radiokolleg - Positionen in der Kunst

Joseph Beuys, Valie Export, Charlotte Moorman, Andy Warhol (2). Gestaltung: Ina Zwerger, Thomas Mießgang

1967 war das Jahr, in dem Andy Warhol seinen Siebdruck von Marilyn Monroe nach einem Pressefoto für den Film "Niagara" herstellte - wohl sein bekanntestes Motiv und ein Kunstwerk, in dem sich die bunte psychedelische Revolte der Pop Art emblematisch verdichtete. Doch der bleiche Mann mit der Silberhaarperücke war auch sonst nicht untätig: Seit einigen Jahren lebte und arbeitete er in der sogenannten ´Silver Factory` in der 42. Straße in New York; dort schuf er mit seinen Drogenfreaks, Transvestiten und sonstigen Paradiesvögeln das Exploding Plastic Inevitable, ein Multimediaspektakel aus kreischenden Gitarrenverstärkern, zuckenden Stroboskopblitzen und sadomasochistisch angehauchten Tanzdarbietungen. Mittendrin: die Band Velvet Underground, die den Soundtrack zu den Roaring Sixties schuf.

1967, das Jahr der ersten Unruhen vor dem Sturm, der dann 1968 weltweit losbrechen sollte, hinterließ seine Abdrücke auch in der Bildenden Kunst: Viele heute weltberühmte Künstler hinterließen damals erste Abdrücke ihrer Kreativität im öffentlichen Bewusstsein oder nahmen 1967 als Jahr des Umbruchs wahr: Die Linzerin Waltraud Lehner erfand den Namen VALIE EXPORT als künstlerisches Konzept und Logo - mit der Vorgabe, ihn nur in Versalien zu schreiben. Sie schuf erste bedeutende Arbeiten des Expanded Cinema wie "Cutting" oder "abstract film No.1", der die Herstellung eines Filmes ohne Zelluloid thematisierte. Wenig später folgte das Tapp- und Tastkino, bei dem Passanten die durch eine Box verhüllten Brüste der Künstlerin betasten durften.
Nacktheit in der Kunst wurde großgeschrieben in den Jahren des sexuellen Befreiung: Auch die Cellistin Charlotte Moorman, langjährige künstlerische Partnerin von Nam June Paik, präsentierte sich bei ihren Performances gerne textilfrei. 1967 wurde sie wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses festgenommen und angeklagt, als sie in Paiks Opera Sextronique halbnackt auftrat. Durch dieses Ereignis wurde sie USA-weit als die "Oben-ohne-Cellistin" bekannt.
Der deutsche Künstler Joseph Beuys wiederum hatte 1967 bereits einige wesentlich Parameter seiner Ästhetik - die Arbeit mit Filz und Fett - ausdifferenziert und gründete am 22. Juni die Deutsche Studentenpartei, um damit gegen die Erschießung des Studenten Benno Ohnesorg zu protestieren. Wenig später nannte er seine Gruppierung Fluxus Zone West und wollte damit auf das Bedürfnis nach einem strukturellen Wandel an den europäischen Universitäten hinweisen
- der erste Schritt auf einem Weg, der Beuys immer tiefer in die Politik verstricken sollte.

Die Serie "Positionen der Kunst" will, ausgehend vom Jahr 1967, Künstlerkarrieren darstellen, die nicht nur die Sturm- und Drang-Epoche der Sixties illuminiert haben, sondern bis heute Wirkung entfalten und ästhetische Echos produzieren: "Seien wir realistisch, versuchen wir das Unmögliche", auch so ein Satz aus 1967, ist das Motto, das die Lebenswege der in diesem Radiokolleg porträtierten Künstlerinnen und Künstler begleitet.

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