Semyon Bychkov

AP/KATERINA SULOVA

Matinee

Russia beyond

Orchestra Sinfonica Nazionale della Rai, Dirigent: Semyon Bychkov; Kirill Gerstein, Klavier. Sergej Rachmaninow: Konzert für Klavier und Orchester Nr. 2 c-Moll op. 18 * Zugabe des Solisten: Peter Iljitsch Tschaikowsky: Méditation D-Dur op. 72/5 (aufgenommen am 20. September im Großen Konzerthaussaal in Wien in Dolby Digital 5.1 Surround Sound). Präsentation: Andreas Maurer

Wir schreiben das Jahr 1975: Semyon Bychkov emigiert aus der UdSSR in die Vereinigten Staaten, wo ein Sänger mit dem bezeichnenden Namen Eric Carmen gerade - (tantiemen)frei nach dem 2. Satz von Rachmaninows 2. Klavierkonzert - an seiner ersten Erfolgssingle ("All by Myself") bastelt, während Pink Floyd in den Londoner Abbey Road Studios ihr Kult-Album "Wish You Were Here" aufnehmen und dabei auch - für einen flüchtigen Moment - das Finale von Tschaikowskys 4. Symphonie anklingen lassen ... Schostakowitschs Todesjahr schwebt wie ein geheimes "Peace"-Zeichen über dem Programm, das Semyon Bychkov für das Gastspiel des Orchestra Sinfonica Nazionale della Rai mit dem Pianisten Kirill Gerstein zusammengestellt hat.

In den süßlich-herben Opium-Duft mondäner Salons des 19. Jahrhunderts mischen sich würzige Cannabis-Wölkchen und hinter den kiloschweren Samtvorhängen winken leicht geschürzte Blumenkinder hervor.

Sowohl Tschaikowsky als auch der 33 Jahre jüngere Rachmaninow stehen - wie später vielleicht nur noch Strawinsky - für ein kosmopolitisches, weltoffenes Russland jenseits des musikalischen Ultrakonservatismus des "Mächtigen Häufleins". Wie herzlich wenig freilich die Moral von 1875 mit der hundert Jahre später Einzug haltenden Flower-Power zu tun hatte, davon kann aber insbesondere Tschaikowsky ebenfalls ein Lied singen: die auch als seine "Tragische" apostrophierte 4. Symphonie etwa ist Klang gewordener Schmerz eines Menschen, der wegen seiner Homosexualität sein Leben lang mit Depressionen zu kämpfen hatte, mit der Gesellschaft haderte und mit dem eigenen Unglück.

Dass Rachmaninows populäres 2. Klavierkonzert in das von apokalyptischen Fanfaren und flatterndem Streicherpuls gezeichnete Antlitz dieser Symphonie nicht wie eine pianistische Schmalzlocke hineinragt, dafür sorgt unter Garantie Kirill Gerstein. Ausgebildet zunächst am Jazz-Piano, ehe er die Klassik favorisierte, wird der russische Tastenvirtuose dem Stück den nötigen Bürstenschnitt verpassen und es als eine vitale Spiegelung europäischen Geistes in der Musikgeschichte Russlands erkennen lassen.
(Wiener Konzerthaus)

Service

Diese Sendung wird in Dolby Digital 5.1 Surround Sound übertragen. Die volle Surround-Qualität erleben Sie, wenn Sie Ö1 unter "OE1DD" über einen digitalen Satelliten-Receiver und eine mehrkanalfähige Audioanlage hören.

Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: SERGEJ RACHMANINOW/1873-1943
Titel: Konzert für Klavier und Orchester Nr.2 c-Moll op.18

* Moderato - 1.Satz (10:30)
* Adagio sostenuto - 2.Satz (11:29)
* Allegro scherzando - 3.Satz (11:04)
Solist/Solistin: Kirill Gerstein/Klavier
Orchester: Orchestra Sinfonica Nazionale della Rai
Leitung: Semyon Bychkov
Länge: 33:04 min
Label: Boosey & Hawkes/Leihmaterial

Komponist/Komponistin: PETER ILJITSCH TSCHAIKOWSKY/1840-1893
Titel: Zugabe: Méditation D-Dur op.72 Nr.5 aus "18 Morceaux" für Klavier"
Solist/Solistin: Kirill Gerstein/Klavier
Länge: 04:41 min
Label: Russ.Staatsverlag

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