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Punkt eins

Schützt das Gesetz vor Gewalt?

16 Tage gegen Gewalt an Frauen - 20 Jahre Gewaltschutzgesetz: Eine Bestandsaufnahme.
Gäste: Rosa Logar - Geschäftsführerin der Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie, Kerstin Schinnerl - Juristin und Beraterin der Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie.
Moderation: Kristin Gruber.
Anrufe kostenlos aus ganz Österreich unter 0800 22 69 79

Rosa Logar war Mitbegründerin des ersten Frauenhauses in Wien, hat den Beschluss des Gewaltschutzgesetzes vor 20 Jahren noch gut in Erinnerung und weiß, was sich in der Praxis bewehrt hat und welche Lücken im Gesetz gravierende Folgen haben.

"Es passiert immer wieder, dass Klientinnen von uns getötet werden. Bei schwerer, wiederholter Gewalt, da reicht die Wegweisung nicht aus."

Logar leitet die Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie und war viele Jahre im Vorstand des Vereins Autonome Österreichische Frauenhäuser, einen Teil davon als Vorsitzende. Vergangenen Freitag wurde in Wien eine 31-jährige Frau erstochen, dringend tatverdächtig ist ihr 40-jähriger Ehemann, der mit den vier Kindern derzeit auf der Flucht ist.

"Es ist eine Frau, die wir gekannt haben", sagt Rosa Logar. "Das nimmt uns immer sehr her. Wir fragen uns dann immer: Warum konnten wir das nicht verhindern?"

Die Juristin Kerstin Schinnerl arbeitet seit zwei Jahren in der Wiener Interventionsstelle und bietet rechtliche und psychosoziale Beratung an.

"Ich dachte immer, der schlimmste Teil meiner Arbeit wird sein, all diese Gewaltgeschichten zu hören und mitzuerleben, dass viele gar nicht vor Gericht kommen", sagt Kerstin Schinnerl, "aber viel schlimmer ist die Erkenntnis, dass jene Frauen, die Gerechtigkeit vor Gericht suchen, sie so gut wie nie bekommen. So viele Täter kommen ungeschoren davon. Das ist wahnsinnig demoralisierend und traurig."

Wer nach genauen und differenzierten Statistiken über Gewalt an Frauen sucht, wird nur sehr bedingt fündig. Die Verurteilungsdaten der Justiz sind zum Beispiel täterbezogen, die Opfer und deren Geschlecht kommen darin nicht vor. "Es fehlen uns die Daten und dass diese regelmässig auch veröffentlicht werden", sagt Rosa Logar.

Viele der Gewalttaten gegen Frauen kommen gar nicht zu einer Anzeige. Von jenen, die angezeigt werden, werden die meisten Verfahren eingestellt. Durchschnittlich 10 Prozent der Verfahren wegen Vergewaltigung enden mit einem Schuldspruch.

Kristin Gruber spricht mit Kerstin Schinnerl und Rosa Logar darüber, warum der Fall Nicola Werdenigg beispielhaft für einen Mechanismus ist, der Frauen zum Schweigen und nicht zum Reden bringt, worin die größten Stärken und Schwächen im Gewaltschutzgesetz liegen und welche Veränderungen für die nächsten 20 Jahren anstehen.

Die Redaktion freut sich auf Ihre Fragen, Statements und Gedanken zum Thema - live während der Sendung unter der Telefonnummer 0800 22 69 79 (wie immer kostenlos aus ganz Österreich) oder per Mail an punkteins@orf.at.

Service

Frauen-Helpline gegen Gewalt:
0800 222 555
anonym, kostenlos, rund um die Uhr.

16 Tage gegen Gewalt an Frauen
Interventionsstelle Wien
Gewaltschutzzentren & Interventionsstellen in Österreich

Sendereihe

Playlist

Urheber/Urheberin: Ike Turner
Titel: I'm jealous
Ausführender/Ausführende: Ike und Tina Turner
Länge: 02:09 min
Label: EMI 795 84 62

Urheber/Urheberin: Porter Grainger
Everett Robbins
Titel: Ain't Nobody's Business
Ausführender/Ausführende: Billie Holiday
Länge: 02:28 min
Label: Verve 833767

Urheber/Urheberin: Laura Mvula
Steve Brown
Titel: Can't live with the World
Ausführender/Ausführende: Laura Mvula
Länge: 06:05 min
Label: RCA Victor / Sony 88765421752

Urheber/Urheberin: Ben King
Jerry Leiber
Mike Stoller
Titel: Stand By me
Ausführender/Ausführende: Tracy Chapman
Länge: 02:49 min
Label: Warner Rhino 812 279 50 132

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