Radiogeschichten

Ein verschollen geglaubtes Manuskript aus 1938

1938 und die Folgen
"Zweier Zeugen Mund" von Maximilian Reich. Es liest Michael König. Gestaltung: Nicole Dietrich

Am 17. März 1938 wird der jüdische Sportjournalist Maximilian Reich in Wien verhaftet und am 1. April mit dem sogenannten "Prominententransport" ins KZ Dachau gebracht: 151 Männer, unter ihnen ehemalige Minister, Richter, zwei spätere Bundeskanzler, jüdische Journalisten, Schriftsteller und Künstler. Während Maximilian Reich die Torturen in Dachau und dann in Buchenwald überlebt, kämpft seine "arische" Frau Emilie in Wien um seine Freilassung und um eine Ausreisemöglichkeit. Die sich ergänzenden Berichte von Max und Emilie Reich sind vermutlich die ersten, die von österreichischen Opfern des Nationalsozialismus verfasst wurden. Und sie sind, den Blick der Frau und den des Mannes miteinander verschränkend, einzigartig. Henriette Mandl hat die verschollenen Manuskripte ihrer Eltern wiedergefunden und postum veröffentlicht.

Maximilian Reich wurde 1882 in Wieselburg (Ungarn) als Sohn eines Rabbiners geboren und kam mit der Familie 1890 nach Wien. Er war ein begeisterter Fußballer und einer der ersten Sportjournalisten Österreichs. 1938 wurde er mit dem ersten Österreichertransport ins KZ Dachau deportiert, im September ins KZ Buchenwald. Im Oktober 1938 freigelassen, flüchtete er im November nach England und wollte mit seinem KZ-Bericht vor den Verbrechen warnen, die in Deutschland im Gange waren. Er fand jedoch für sein Manuskript keinen Verleger. 1946 kehrte er nach Wien zurück, um die neugegründete Zeitung "Wiener Montag" zu leiten. Reich starb 1952 in Wien. Emilie (Mautzi) Reich, geboren 1887 in Wien, aus katholischer Familie, war vor ihrer Ehe Lehrerin. Sie ging mit ihrem Mann ins Exil. Ihre einzige schriftstellerische Tätigkeit blieb ihr Bericht über das Jahr 1938. Sie starb 1959 in Wien.

Service

Maximilian und Emilie Reich, Zweier Zeugen Mund. Verschollene Manuskripte aus 1938. Wien-Dachau-Buchenwald. Herausgegeben von Henriette Mandl. Theodor Kramer Gesellschaft, Wien 2007

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