Gedanken für den Tag

Otto Friedrich über religiöse Sprache

"Haltbar.Achtsam.Gerecht" - Wie heute religiös sprechen? Religiös Sprechende sollten bei den Dichtern in die Schule gehen, da religiöse Rede und Poesie mehr gemein haben, als es den Anschein hat, meint Otto Friedrich, Religionsjournalist bei der Wochenzeitung "Die Furche". - Gestaltung: Alexandra Mantler

Man kann die Gegenwart als Zeit des abfallenden Glaubens denunzieren und klagen, dass auch in den Kirchen immer weniger von Gott die Rede sei. Vielleicht liegt das daran, dass die institutionalisierte Religion und deren beamtete Verkünder es nicht verstehen, so von Gott zu sprechen, dass dies auch die Herzen der Menschen trifft.

Zu vermuten ist, dass die technokratische Sprache der Dogmen-Bewahrer die Botschaft verdunkelt. Der gegenwärtige Papst versucht genau dies seiner Kirche auszutreiben. Es gibt aber auch die Gefahr der Biedermeier-Moderne: Wellness-Religion lacht aus den Titeln der spirituellen Ratgeber entgegen, und die Sonntagspredigten sind dagegen nicht minder gefeit.

Dabei ist gerechte Sprache eine Grundbedingung für die Religion. Diese Rede hat mehr mit Poesie zu tun als mit dem Dogma. Leider fehlen in den Kirchen weitgehend die Dichter und Dichterinnen, die "Gott" auf eine Weise in den Mund nehmen, dass auch der suchende Zeitgenosse eine Ahnung davon verspürt.

". in einem Schacht, dort hab ich mich verkrochen, / daß Gott als Halt zu denken doch gelänge .": So drückt dies der Lyriker Christian Lehnert aus.

Lehnert, evangelischer Pfarrer in Ostdeutschland, wird dem beschriebenen poetischen Imperativ gerecht. Sein Essay "Der Gott in einer Nuss", eines der aktuell herausragendsten religiösen Bücher, stellt ein Mahnmal wider kirchliche Sprachbeliebigkeit dar. Lehnert sucht von Gott zu reden "und zwar", wie er schreibt, "nicht in einer unsäglichen Leier ., die kaum noch erträglich ist, wie klebriger Zuckerguß über fauligem Konfekt, zähes Rinnsal einer völlig kontaminierten Sprache".

Gottesrede kann ganz schlicht sein. Einfach. Verdichtung. Im Buch "Der Gott in einer Nuss" beschreibt Lehnert ein stilles Gebet in einer Kirche: ",Gott', das bedeutet jetzt: Es lauscht und wartet."

Service

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Zbigniew Preisner/geb.1955
Gesamttitel: ELISA / Original Filmmusik
Titel: Nocturne II/instr. (tw. 2x gespielt)
Solist/Solistin: Konrad Mastylo /Klavier
Orchester: Sinfonia Varsovia
Leitung: Zdzislaw Szostak
Länge: 01:57 min
Label: Philips 526 750-2

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