Franz Josef Weißenböck über den "Welttag der Religionen"

16. Jänner 2019, 06:56

Im Glutkern der Religion finden sich nicht nur Leben und Sinn, sondern auch Tod und Vernichtung. Die zeitgenössischen Formen unseres Wellness-Christentums wissen davon nichts. Sie kennen diese Gefahren nicht mehr, nur noch die Gefahr des Einschlafens. Aber auch die christlichen Kirchen haben ihre blutige und monströse Vergangenheit. Man muss hier gar nicht erst die gebräuchlichen Stichworte nennen; jeder kennt sie.

Gewalt begleitet die Menschheit von Anfang an, aber auch Versuche, die Gewalt einzuhegen und zu zähmen. Religionen sind an beidem beteiligt, an der Gewalt und an den Versuchen, die Gewalt zu zähmen. Auch in der Bibel findet sich beides, und es findet sich auch Gewalt im Namen Gottes. Die Erfahrungen aus der Geschichte, aber auch dramatische Ereignisse aus der jüngsten Vergangenheit und in unserer Gegenwart machen bestürzt und ratlos. Gewalt kennt keine Grenzen, sobald ein Konflikt und am Ende ein Krieg "heilig" wird, und keine Kompromisse sind mehr möglich, wenn alle Beteiligten davon ausgehen, dass Gott auf ihrer Seite steht.

Gewalt beginnt als Fantasie. Der Kopf ist aktiv, bevor es die Hände werden. Die Vorstellungen einer Hölle in verschiedenen Religionen sind nichts anderes als überdimensionale Gewaltfantasien. Daran ändert nichts, wenn die Hölle als Strafe für Sünden verstanden wird. Zur Gewalt kommt noch ein moralisch verbrämter Sadismus hinzu, der nicht nur immer neue Martern ersinnt, sondern dazu deren ewige Dauer fantasiert.

Vito Mancuso ist ein zeitgenössischer Theologe, der sich müht, die Rede von Gott auch angesichts der Erkenntnisse der modernen Wissenschaften möglich zu machen. Er lehnt die Vorstellung einer ewigen Verdammnis ab, weil er sie für theologisch unwürdig, logisch unrichtig und moralisch verwerflich hält. Dem ist zuzustimmen. Man kann diesen Befund auch so zusammenfassen: Die Vorstellung einer ewigen Hölle ist Gottes nicht würdig.

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• Gedanken für den Tag

Gestaltung

• Alexandra Mantler