China: Schwacher Drache?

13. März 2024, 13:00

Am Montag ist in der Großen Halle des Volkes in Peking die diesjährige Tagung des Nationalen Volkskongresses zu Ende gegangen. Die 2.977 Abgeordneten versammeln sich nur einmal im Jahr für etwa zwei Wochen - und das hauptsächlich, um die Linie der alles beherrschenden Kommunistischen Partei abzusegnen. Deren Macht wurde diesmal sogar noch ausgebaut: Eine Gesetzesänderung, die noch mehr Machtbefugnisse von der Regierung zu Staats- und Parteichef Xi Jinping verschiebt, sorgte in- und außerhalb Chinas für Aufsehen - symptomatisch dafür wurde heuer sogar die traditionelle Abschlusspressekonferenz von Ministerpräsident Li Qiang abgesagt.

Chinas Wirtschaft laboriert nach wie vor an den Auswirkungen der Corona-Pandemie. Im Februar gab es zunächst Anlass zur Hoffnung: Das Land war mit einem Ansturm in- und ausländischer Tourist:innen ins Jahr des Drachen gestartet. Generell hat China aber mit schwächelndem Binnenkonsum zu kämpfen, gleichzeitig befindet sich die Volkswirtschaft in einer Deflationskrise. Das Wachstumsziel von rund fünf Prozent, das der Nationale Volkskongress für dieses Jahr ausgegeben hat, gilt bei Ökonom:innen daher als "ambitioniert". Der Außenhandel hatte immerhin zu Jahresbeginn wieder zugelegt und so manche Erwartungen übertroffen.

Weiterhin große Sorgen bereitet der Immobiliensektor, der rund ein Fünftel der chinesischen Wirtschaftsleistung ausmacht - und nach dem Platzen einer massiven Spekulationsblase nun nachhaltig darniederliegt. Der insolvente südchinesische Konzern Evergrande ist mit umgerechnet mehr als 300 Milliarden US-Dollar der am höchsten verschuldete Bauträger weltweit. Diese und andere Unternehmen, die 2020 und 2021 noch für den Aufschwung des Mittelstandes und die Unabhängigkeit vom Westen standen, hinterlassen nun unfertige Wohntürme, verzweifelte Hauskäufer:innen und lokale Regierungen, die in der Hoffnung auf ländliche Entwicklung in Infrastruktur investiert hatten.

Auch hier will der Staat nun wieder stärker durchgreifen - "im Interesse der Öffentlichkeit", wie Wohnbauminister Ni Hong am Rande des Nationalen Volkskongresses sagte. Weitere Beschlüsse des Gremiums betrafen einerseits die nationale Sicherheit - Präsident Xi hatte die Parole ausgegeben, die "Abwehr interner und externer Bedrohungen" habe angesichts der geopolitischen Spannungen höchste Priorität. Andererseits wird aber auch eine Öffnung nach außen signalisiert. Sowohl für ausländische Investor:innen, die zuletzt spürbar zurückhaltender geworden waren, als auch für Tourist:innen - für einige Länder, darunter Österreich, werden die Visabestimmungen ab sofort stark gelockert.

Über die vielen Dimensionen der chinesischen Wirtschaft, ihrer Abhängigkeit von der Politik und ihrer Verflechtungen im In- und Ausland bis nach Europa spricht Xaver Forthuber mit dem Ökonomen Heribert Dieter, der an der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin unter anderem auf Geopolitik, Geoökonomie und Außenwirtschaftspolitik spezialisiert ist und regelmäßig mit detaillierten China-Analysen in den Medien vertreten ist. Zusätzlich zur Wirtschaftskrise stecke China auch in einer demografischen Krise, schrieb er im Dezember in der Zeitschrift "The Economist's Voice"; die Probleme seien Großteils hausgemacht, und eine Lösung, so sie denn überhaupt angegangen werde, würde in jedem Fall auf absehbare Zeit jedes Wachstum bremsen oder sogar zum Stillstand bringen.

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Sendereihe

• Punkt eins

Gestaltung

• Xaver Forthuber