Fotos einer Kartoffelernte in einer Holzbox.

APA/HANS PUNZ

Punkt eins

Agria, Ditta und Sieglinde im Stress

Forschung für den Kartoffelanbau trotz Klimawandel. Gäste: Dip.-Chem. Dr. Markus Teige, Department für Biochemie und Zellbiologie und Department für Funktionelle und Evolutionäre Ökologie, Universität Wien, Koordinator des EU Horizon 2020 Projekts ADAPT & Veronika und Markus Payer, Erdäpfel und Gemüseanbau, Erdäpfelhof Payer, Gigging (NÖ). Moderation: Barbara Zeithammer. Anrufe 0800 22 69 79 | punkteins(at)orf.at

Die Kartoffel ist eines der wichtigsten Grundnahrungsmittel weltweit, bedeutender Industrierohstoff und Futtermittel und im Grunde genommen sehr anpassungsfähig. Doch der Anbau steht zunehmend vor großen Herausforderungen: der Klimawandel setzt den Pflanzen stark zu und kann in kurzer Zeit große Teile der Ernten vernichten. Ein millionenschweres EU-Forschungsprojekt untersucht, wie sich die Pflanze dem Klimawandel anpassen kann.

Erdäpfel gedeihen von Südchile bis Grönland, auch wenn es einmal nicht regnet, auch bei sommerlicher Wärme. Doch Hitze und Trockenheit, Starkregen und Überschwemmungen setzen die Pflanzen unter Stress. 2017 sind bis zu 40 Prozent der Pflanzen auf den heimischen Äckern verdurstet; 2018 hat die Dürre für große Ernteeinbußen gesorgt und das Anbaujahr 2023 hat die etwa 13.500 Kartoffelbauern und -Bäuerinnen in Österreich auf allen Ebenen gefordert: mit einem nasskalten Frühjahr und einem späten Start, langen Trockenperioden, dem gefürchteten Drahtwurm und spätem Starkregen.

Ob Erdäpfelsalat, Knödel oder Püree - mit knapp über 50 Kilogramm Kartoffeln pro Kopf und Jahr verspeisen wir hierzulande mehr Erdäpfel als Reis und Nudeln zusammen. Etwa 5.000 Sorten gibt es weltweit, rund 1.700 sind in der EU zugelassen - ein Spiegel der vielfältigen Verwendung - und manche halten Umweltstress durch Hitze und Trockenheit besser aus als andere. Warum das so ist, wie Kartoffeln auf (kombinierte) Stressfaktoren reagieren und wie sie sich anpassen können, wird im EU Horizon 2020 Projekt ADAPT (Accelerated Development of multiple-stress tolerAnt PoTato) erforscht, Koordinator ist der Chemiker und Pflanzenbiologe Markus Teige. Wissenschaftler:innen verschiedenster Disziplinen und Länder versuchen in dem mit fünf Millionen Euro geförderten Projekt gemeinsam mit Kartoffelzüchtern, Erdäpfelbauern und Technologiepartnern Strategien zu entwickeln, die Pflanzen für die klimatischen Bedingungen der Zukunft zu rüsten und entsprechend stressresistente Sorten zu entwickeln.

Die Züchtung von Kartoffeln ist seit jeher bemerkenswert vielfältig und im Gegensatz zu anderen Pflanzen nicht in der Hand internationaler Großkonzerne: in Österreich dominieren heimische und europäische Sorten, im Sortenbuch der Arche Noah gibt es sogar Knollen von einzelnen Höfen. Doch bisher standen Ertrag und Optik im Vordergrund der Zuchtziele, nun geht es um die Widerstandskraft gegen Umwelteinflüsse und Krankheitsresistenzen. Und angesichts der vielen Kindel (unförmige Kartoffeln) der Ernte 2023 vielleicht auch um die Überarbeitung von Qualitätsanforderungen und die Reflexion von Kundenwünschen.

Wie ernst die Situation in der Landwirtschaft ist, zeigt eine Umfrage der Projektpartner unter Federführung der AGES unter 550 Erdäpfelerzeugern aus ganz Europa: fast 90 % gaben an, dass sich die klimatischen Veränderungen in den letzten zehn Jahren auf ihre Kartoffelproduktion ausgewirkt haben; fast die Hälfte fürchtet angesichts der Klimaveränderungen um die Zukunft der eigenen Kartoffelproduktion.

Was die aktuellen und künftigen Herausforderungen des Erdäpfelanbaus sind und wie man als Landwirtin und Landwirt darauf reagieren kann, berichten Veronika und Markus Payer vom Erdäpfelhof Payer im niederösterreichischen Gigging. Seit über 120 Jahren baut die Familie Payer Erdäpfel an, zunächst für den Eigenbedarf, heute im Vollerwerb mit anderen Gemüsesorten. Vor zehn Jahren hat Markus Payer den Betrieb von seinen Eltern übernommen und legt den Schwerpunkt seiner Arbeit mit Ehefrau Veronika auf Heurige, die Pflanzenvielfalt mit Raritäten und seltenen Sorten und einen nachhaltigen, ressourcenschonenden Anbau. Die Kartoffeln der Familie Payer wurden mehrfach mit dem "Erdapfel" in Gold, Silber und Bronze ausgezeichnet.

Als Gäste in Punkt eins ermöglichen Veronika und Markus Payer Einblicke in ihre Arbeit am Acker und Markus Teige in die Gewächshäuser und Labore sowie das große Forschungsprojekt ADAPT, das noch bis Ende Juni läuft.

Diskutieren Sie mit, stellen Sie Ihre Fragen, berichten Sie von Ihren Konsumgewohnheiten, Erfahrungen und Erwartungen: kostenfrei aus ganz Österreich können Sie uns unter 0800 22 69 79 erreichen oder Sie schreiben uns ein Mail an punkteins(at)orf.at

Service

ADAPT: Accelerated Development of multiple-stress tolerAnt PoTato - "Entwicklung neuer Strategien, um Kartoffeln fit für die herausfordernden Wachstumsbedingungen der Zukunft zu machen"

Pflanzen-Signale - Markus Teige Forschungsgruppe

Erdäpfelhof Payer
Winklerstraße 16
3474 Gigging
T.: +43 (0) 2279/3515
office@erdaepfel-payer.at
Selbstbedienungsladen, Winklerstrasse 18, täglich von 07:00 - 20:00 Uhr

ESKLIEB: Anpassungsfähigkeit von Erdäpfelsorten im Klimawandel einfach bewerten

ARCHE NOAH
Obere Straße 40
3553 Schiltern
T.: +43 (0) 2734 / 86260
info@arche-noah.at
Saatkartoffeln über das Sortenhandbuch
Überschüsse aus der Erhaltungsvermehrung

Sendereihe

Gestaltung

  • Barbara Zeithammer

Playlist

Untertitel: James Crawford, Barbara Hawkins, Rosa Hawkins & Joan Johnson
Titel: Mei Oma (Iko Iko)
Ausführende: Die Wandervögel, Bryan Benner, Raphael Widman, David Stellner & Wolfgang Schöbitz
Länge: 01:11 min
Label: Elite records

Untertitel: George and Ira Gershwin
Titel: Let's Call the Whole Thing Off
Ausführende: Ella Fitzgerald, Lous Armstrong
Länge: 04:11 min
Label: Blue Note

Untertitel: Joe Zawinul
Titel: Erdäpfee Blues (Potato Blues)
Ausführende: Joe Zawinul
Länge: 04:53 min
Label: ESC Records

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