Kains Verweigerung

19. April 2024, 06:57

Ich habe mit dem Glücke nichts zu schaffen,
Das mich und all die Meinigen erniedrigt.

Byron ist mit seinem Pessimismus, seiner Erfahrung von Einsamkeit und Sinnlosigkeit ein Geistesverwandter Baudelaires, Kierkegaards und Leopardis. "Der Baum der Erkenntnis hat nicht gehalten, was er versprochen hat", lässt er die Titelfigur seines dialogischen Dramas "Kain" sagen.

Wie viele andere seiner Protagonisten, ist Byrons Kain Maske des Dichters, eines großen Verweigerers. Ein Mann in der Revolte, dem auch die erotische Liebe der Frau zum Unglück gerät. All diesen Aufrührern hilft die Liebe, gerade wenn sie Realität wird, nicht aus der existenziellen Patsche. Im Gegenteil, sie verstärkt sie noch, gibt es doch nichts existenziell Trostloseres als einsam zu sein, wenn man nicht allein ist. Das hindert Byron und seine Figuren nicht, die Sehn-Suche nach der Frau zu wiederholen. Sie wird zur Droge des polymorphen Mannes, der wie Byron in Dichtung und Leben in der Vielgestaltigkeit der Frau nach der Einzigen Ausschau hält.

Byron ist ein schwarzer Romantiker, ein moderner Gnostiker, der im Gespräch mit Luzifer fragt, ob dieser die Welt geschaffen hat. Was der verneint und ironisch Gott die Schuld an der verpatzen Schöpfung gibt.

Byrons Anarchismus gründet nicht im Politischen, sondern im Existenziellen. Er revidiert die biblische Geschichte von Kain und Abel. Dort wird Kains tierisches Opfer abgewiesen, während jenes von Abel angenommen wird. Byrons Kain verweigert hingegen dem Schöpfer dieser Welt das Opfer, weil es, ohnehin sinnlos, seine Freiheit einschränkt.

Service

Richard Schuberth, "Lord Byrons letzte Fahrt. Eine Geschichte des Griechischen Unabhängigkeitskrieges", Verlag Wallstein

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Sendereihe

• Gedanken für den Tag

Gestaltung

• Alexandra Mantler