Ausgewählt

Abschied und Wiederkehr (IV)

Eine Sonate feiert die Rückkehr: Beethovens "Les Adieux".

Wie das Requiem den Abschied zelebriert die Sonate in ihrer klassischen Form eine Wiederkehr: Zwei Themen zu Beginn gehen im Mittelteil verloren, verwandeln und zerteilen sich, um in der Reprise emphatisch wiederzukehren. Es gibt aber auch Sonaten, die das Thema Abschied und Wiederkehr ausdrücklich zu ihrem Programm machen.

Als Beethovens Freund und Förderer Erzherzog Rudolf 1809 vor den Napoleonischen Truppen aus Wien fliehen musste, komponiert Beethoven seine berühmte Klaviersonate Opus 81a "Les Adieux", die eigentlich den Titel trägt "Lebewohl, Abwesenheit und Wiedersehen" und selbstverständlich dem Erzherzog gewidmet war. Nicht nur entsprechen die drei Begriffe im Titel den drei Sätzen der Sonate, Beethoven treibt die Programmatik im ersten Satz noch auf die Spitze, indem er den ersten drei Klängen der Sonate den Text: "Le - be - wohl" unterlegt. Doch die Schlichtheit dieses Motivs, das aus drei fast gleich langen, nach unten schreitenden Tönen besteht, wirkt fast wie eine Polemik Beethovens gegenüber solchen Ton-Bedeutungen. Andererseits könnte es auch der Versuch sein, bei den Interpreten:innen eine bestimmte Stimmung anzuzünden: wehmütiger Abschied, schmerzreiche Trennung, euphorisches Wiedersehen. Aber dennoch ist genau diese Klaviersonate Beethovens wie kaum eine zweite höchst unterschiedlich gedeutet worden - wie schon der berühmte Musikkritiker Joachim Kaiser vor gut 50 Jahren betonte.

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Gestaltung