Im Gespräch
"Wer will, dass die Welt so bleibt, wie sie ist, der will nicht, dass sie bleibt." Thomas Rothschild im Gespräch mit Erich Fried, Schriftsteller (Erstausstrahlung: 18.11.1993)
18. November 2010, 21:00
Erich Fried zählte in den siebziger und achtziger Jahren zu einem der meistbeachteten Vertreter der politischen Lyrik im deutschen Sprachraum. Fried, einziges Kind einer jüdischen Familie, wurde 1921 in Wien geboren. Schon bald nach dem so genannten Anschluss wurde sein Vater Hugo Fried verhaftet. Hugo Fried starb an den Folgen schwerster Misshandlungen in der GESTAPO-Haft. Erich Fried, gerade 17 Jahre alt, entschloss sich daraufhin Wien zu verlassen. Er flüchtete im Frühsommer 1938 vor den Nationalsozialisten nach England. Die englische Sprache wurde ihm zur zweiten Heimat. Er gilt bis heute als einer der großartigen Übersetzer der Dramen Shakespeares, weil er dessen Wort- und Sprachwitz einfühlsam ins Deutsche zu transponieren verstand. Fried übersetzte aber auch andere Schriftsteller wie T. S. Eliot, Dylan Thomas und Graham Greene ins Deutsche.
Mit seiner politischen Lyrik hat sich Erich Fried - nur vergleichbar mit Hans Magnus Enzensberger - durch mehr als 20 Jahre politisch eingemischt. Er wurde deshalb ebenso verehrt wie angefeindet. Vielleicht auch deshalb, weil er den Elfenbeinturm der Poeten verlassen hatte, oder genauer gesagt, dort nie eingezogen war. Manche der Gedichte Frieds haben geradezu den Charakter von Sprichwörtern angenommen. "Wer will, dass die Welt so bleibt wie sie ist, der will nicht, dass sie bleibt."
Das Gespräch, das heute gesendet wird, führte der in Deutschland lebende österreichische Literaturwissenschaftler Thomas Rothschild im Dezember 1986 mit Erich Fried im Stuttgarter Schlossgartencafé - zwei Jahre vor dessen Tod. Es sollte als Materialgrundlage für eine Publikation dienen, die Rothschild, der seit 1965 mit Fried befreundet war und ihn regelmäßig traf, zwar geplant hatte, die aber nicht zustande kam. Es wurden also keine vorbereiteten Fragen gestellt und auch auf technische Perfektion wurde nicht geachtet, weil an eine Ausstrahlung im Radio damals nicht gedacht wurde. Erich Fried starb im November 1988 in Baden-Baden.
Service
Buch-Tipps
Folgende Bücher von Erich Fried sind im Klaus Wagenbach-Verlag, Berlin, erschienen.
Erich Fried, "Mitunter sogar Lachen: Erinnerungen von Erich Fried", Taschenbuch, Klaus Wagenbach-Verlag, Berlin
Erich Fried, "Es ist was es ist: Liebesgedichte Angstgedichte Zorngedichte", Klaus Wagenbach-Verlag, Berlin
Erich Fried, "Das Unmaß aller Dinge", Klaus Wagenbach-Verlag, Berlin
Erich Fried, Volker Kaukoreit und Klaus Wagenbach (Edit.), "Erich Fried: Gesammelte Werke", Klaus Wagenbach-Verlag, Berlin
Links
Erich Fried
Literaturhaus Wien: Erich Fried-Preis 2010 an Terézia Mora http://www.literaturhaus.at/index.php?id=7047&tx_ttnews[tt_news=254&cHash=88f35b2604|Erich Fried]