Da capo: Im Gespräch

"Wir haben keinen Spielraum mehr". Michael Kerbler im Gespräch mit Helga Kromp-Kolb, Klimaforscherin

Gegenwärtig benötigt unser Planet Erde eineinhalb Jahre, um das zu ersetzen, was die Menschheit in einem Jahr an Ressourcen verbraucht. In den reichen Staaten klafft das Verhältnis zwischen Verbrauch und Erholungszeit noch weiter auseinander. Im "Living Planet Report", den Umweltschutzorganisationen Mitte Oktober in London präsentiert haben, gehen die Wissenschafter/innen davon aus, dass bereits im Jahr 2030 und nicht erst 2050 jener Punkt überschritten wird, an dem pro Jahr die Ressourcen zweier Planeten Erde verbraucht werden. Und im Jahr 2050 wird der Verbrauch sogar auf fast drei Planeten gestiegen sein.

Hinter dieser Entwicklung stehen die großen Umweltprobleme der Gegenwart, allen voran die Treibhausgase, deren Ausstoß heute elfmal höher ist als 1961. Deutlich mehr als zwei Drittel der Fischgründe sind durch die industrielle Fischerei stark geschädigt, ein Umstand, der für eine halbe Milliarde Menschen, die von der Fischerei leben, existenzbedrohend werden wird. Auch die Abholzung schreitet ungebremst voran. Jährlich werden 130.000 Quadratkilometer Wald in Weide- und Ackerland umgewandelt. Ein Resultat dieser Entwicklungen ist das Artensterben. Nahezu ein Drittel der 1970 lebenden Arten - in den Tropen sogar doppelt so viele - sind heute ausgelöscht.

Umweltexpert/innen fordern deshalb einen radikalen Kurswechsel, der im nächsten Klimaabkommen festgeschrieben sein muss. Der UNO-Klimagipfel 2009 in Kopenhagen hat ein solches Globalziel deutlich verfehlt. Und die Wahrscheinlichkeit, dass auf dem Weltklimagipfel, der bis 10. Dezember im mexikanischen Cancun tagt, Fortschritte erzielt werden, ist gering. Klimatologinnen wie Universitätsprofessor Dr. Helga Kromp-Kolb von der Universität für Bodenkultur in Wien - sie ist Wissenschafterin des Jahres 2005 - sehen eine klare Mitverantwortung des Menschen. Kromp-Kolb ortet in ihren Forschungsarbeiten genügend Ansätze, dass durch klimagerechtes Handeln des Einzelnen eine Kurskorrektur erreicht werden kann, allerdings, so warnt sie: "Wir haben keinen Spielraum mehr".

Service

Amartya Sen, "Die Idee der Gerechtigkeit", aus dem Englischen von Christa Krüger, C.H. Beck Verlag, München

Ottmar Edenhofer, Johannes Wallacher, Michael Reder und Hermann Lotze-Campen (Verf.), "Global aber gerecht - Klimawandel bekämpfen, Entwicklung ermöglichen", Report des Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und des Instituts für Gesellschaftspolitik München im Auftrag von Misereor und der Münchener Rück Stiftung, Verlag C.H.Beck (ISBN 978 3 406 60656 4)

Claus Leggewie und Harald Welzer, "Das Ende der Welt, wie wir sie kannten - Klima, Zukunft und die Chancen der Demokratie", S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main
(ISBN 978-3-10-043311-4)

Harald Berz, "Wie aus heiterem Himmel? Naturkatastrophen und Klimawandel - Was uns erwartet und wie wir uns darauf einstellen sollten", als Taschenbuch im Deutschen Taschenbuchverlag, München (ISBN 978-3-423-24766-5)

Ernst Ulrich von Weizsäcker, Charlie und Karlson Hargroves und Michael Smith, "Faktor Fünf: Die Formel für nachhaltiges Wachstum", Verlagsgruppe Droemer/Knaur (ISBN-10: 3426274868 bzw. ISBN-13: 978-3426274866)

Jeremy Rifkin,"Die empathische Zivilisation: Wege zu einem globalen Bewusstsein", in der Übersetzung von Ulrike Bischoff, Waltraud Götting und Xenia Osthelder, Campus Verlag, Frankfurt am Main (ISBN-10: 3593385120 bzw. ISBN-13: 978-3593385129)

Franz Josef Radermacher, Marianne Obermüller und Peter Spiegel, "Global impact - der neue Weg zur globalen Verantwortung", Carl Hanser Verlag, München ISBN 9783446417304)

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