Im Gespräch
"Arbeitslosigkeit ist ein Gewaltakt". Michael Kerbler spricht mit Oskar Negt, Soziologe
24. März 2011, 21:00
"Ich kann nicht dem Acker eines anderen etwas entnehmen, um meinen damit zu düngen; denn da wäre der andere bloß Mittel ... Der Mensch nämlich ist Zweck an sich selbst, er kann daher nur einen inneren Wert, d. i. Würde, haben, an dessen Stelle kein Äquivalent gesetzt werden kann." So hat es Immanuel Kant formuliert und Oskar Negt, der große deutsche Soziologe, hat diese Passage seinem Opus Magnum "Arbeit und menschliche Würde" vorangestellt.
Negt befasst sich in seiner Arbeit seit vielen Jahren mit den Rahmenbedingungen für eine tragfähige und zukunftsfähige Arbeitsgesellschaft. Er geht vom Faktum aus, dass die Arbeits- und Erwerbsgesellschaft gegenwärtig einem gesellschaftlichen Kampfplatz gleicht, auf dem um Einflusssphären, Herrschaftsgebiete und Privilegien gerungen wird. Der Schwächste auf diesem Kampfplatz ist das Individuum, das Arbeit sucht, seinen Job absichern will - z. B. durch Fortbildung -, der von einem Erwerbseinkommen abhängig ist.
Negt analysiert, was dem Einzelnen, aber auch der Gemeinschaft als Ganzer, geschieht, wenn Arbeitslosigkeit droht, wenn Arbeitslosigkeit grassiert. "Arbeitslosigkeit ist ein Gewaltakt", sagt Negt, mit Folgen für die Psyche des Einzelnen, aber auch für das Vertrauen in die demokratischen Systeme. Michael Kerbler spricht mit Oskar Negt über die Zukunft der Arbeitsgesellschaft im 21. Jahrhundert.
Service
Oskar Negt, "Der politische Mensch: Demokratie als Lebensform", Verlag Steidl, Göttingen
(ISBN-10: 3865215610 bzw. ISBN-13: 978-3865215611)
Oskar Negt, "Arbeit und menschliche Würde", Verlag Steidl, Göttingen
(ISBN 9783865215758)
Oskar Negt, "Wozu noch Gewerkschaften?: Eine Streitschrift", Verlag Steidl, Göttingen
(ISBN-10: 9783865211651)
Heiner Flassbeck und Friederike Spiecker, "Das Ende der Massenarbeitslosigkeit. Mit richtiger Wirtschaftspolitik die Zukunft gewinnen", Westend-Verlag, Berlin
(ISBN 978-3-938060-20-9)
Stephan Schulmeister, "Mitten in der großen Krise. Ein "New Deal" für Europa", Edition Gesellschaftskritik im Picus Verlag, Wien (ISBN 978-3-85452-586-8)
Robert Skidelsky , "Die Rückkehr des Meisters. Keynes für das 21. Jahrhundert", Verlag Kunstmann, München (ISBN 978-3-88897-647-6)
Josef Stiglitz, "Im freien Fall. Vom Versagen der Märkte zur Neuordnung der Weltwirtschaft", Analyse, Siedler Verlag, München (ISBN 978-3-88680-942-4)
Joseph Vogl, "Das Gespenst des Kapitalismus", Verlag diaphanes, Zürich (ISBN 9783037341162 )
Oskar Negt - Steidl