Mit Sprache unterwegs - literarische Reportagen nach Joseph Roth
"Invasionen des Privaten". Von Anna Kim. Es liest Gundula Rapsch
19. Juli 2011, 21:00
Auf jedem Quadratkilometer leben durchschnittlich 0,026 Einwohner, das ergibt bei einer Gesamtfläche von mehr als zwei Millionen etwas weniger als 60.000 Menschen insgesamt.
Mit anderen Worten: Auf der größten Insel der Welt leben etwa so viele Menschen wie in der niederösterreichischen Landeshauptstadt St. Pölten.
"Mit dem Gefühl von grenzenloser Freiheit fühle ich etwas Flüchtiges, das hier aber länger anhält, Stunden, manchmal sogar Tage - Glück", sagt die in Südkorea geborene österreichische Autorin Anna Kim am Ende einer langen Grönland-Reise. Einer Reise, die allerdings weniger dem Sightseeing als vielmehr einer peniblen Recherche gewidmet war. Denn Grönland, nach wie vor ein - wenn auch politisch selbstverwalteter und autonomer - Bestandteil des kleinen Königreichs Dänemark, ist nicht frei von Problemen. Kolonisation und Unterwerfung haben ihre Spuren hinterlassen. Viele Inuit sind auf der Suche nach ihrer Identität, Grönland hat weltweit eine der höchsten Selbstmordraten, Alkoholmissbrauch gilt als weit verbreitete Krankheitsursache.
Im Zuge ihrer Reportage erforscht Anna Kim aber nicht nur Grönland. Immer wieder reflektiert sie jene spezifische Art des "Fremdseins", die dem Reisen, so man es ernst nimmt, innewohnt. "Beim Reisen", schreibt Anna Kim, "bewege ich mich stets an Grenzen: Ich nutze die Möglichkeiten voll aus, die Fremdheit bietet, genieße diese Rolle, die für mich mehr als nur eine Rolle ist - es ein Existenzkonzept, meine natürliche Umgebung, die Fremde ist der Ort, an den ich hingehöre."
Service
Manfred Müller (Hsg.), Kurt Neumann (Hsg.): Mit Sprache unterwegs (Buch Edition Atelier)