Radiokolleg - Sonderbare Schaustücke

Geraubte Menschen und Kulturgüter im Museum (1). Gestaltung: Ulrike Schmitzer

Abenteurer und Forscher brachten in der Zeit des Kolonialismus "Kuriositäten" aus fernen Ländern mit nach Europa. Verschifft wurden aber nicht nur Objekte, sondern auch Menschen. Besonders berühmt ist der afrikanische Hofdiener Angelo Soliman, dessen Leiche präpariert und im kaiserlichen Naturalienkabinett ausgestellt wurde. Oder Sarah Baartman, die als "Hottentot-Venus" als "exotisches Schaustück" in die Museumsgeschichte einging, nachdem sie in England und Frankreich herumgereicht wurde.

Ihre sterblichen Reste wurden erst 2002 nach Südafrika überführt. Viele Museen haben noch Gebeine und Schädel aus allen Teilen der Welt in ihren Archivkisten. Hauptanliegen war die Erforschung der exotischen Menschen und der Objekte. In der Annahme, dass diese Rassen und Kulturen als "Vorstufe der menschlichen Entwicklung" akut vom Aussterben bedroht seien.

Zahlreiche Länder in Afrika, Asien, Ozeanien, aber auch Süd- und Mittelamerika werden nicht müde, ihr kulturelles Erbe einzufordern. Die Restitution geht nur schleppend voran. Im Sommer 2011 gaben zwei Wiener Einrichtungen 30 Gebeine indigener Australier zurück.

Seit 1990 wurden insgesamt rund 1.200 Gebeine aus Europa und den USA restituiert. Aber auch bei Objekten sind noch lange nicht alle Fälle gelöst: In Wien steht die Rückgabe der sogenannten "Federkrone Montezumas" aus dem Museum für Völkerkunde an Mexiko an. Der ungewöhnlichen Geschichte des "Angelo Soliman" ist übrigens noch bis 29. Jänner 2012 eine Ausstellung im Wien Museum gewidmet.

Service

Margit Berner/ Anette Hoffmann/ Britta Lange (Hg.): Sensible Sammlungen. Aus dem anthropologischen Depot. FUNDUS Band 210. Verlag Philo Fine Arts
Philipp Blom: Angelo Soliman - Ein Afrikaner in Wien, Ausstellungskatalog, Brandstätter Verlag
Belinda Kazeem, Charlotte Martinz-Turek und Nora Sternfeld: Das Unbehagen im Museum: Postkoloniale Museologien , VerlagTuria & Kant

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