Moment - Leben heute
Arbeiterkinder an der Universität - über die ungerechte Verteilung von Bildungschancen. Gestaltung: Claudia Aurednik. Moderation und Redaktion: Bernhard Fellinger * Wort der Woche (Natasa Konopitzky)
22. Februar 2012, 14:40
"Working Class", auf Englisch lässt es sich noch sagen, aber "Arbeiterklasse", das sagt heutzutage niemand in gewöhnlichen Gesprächen, alle wollen zur Mittelschicht gehören und auf diese Art hat besonders die konsensorientierte österreichische Gesellschaft den "Klassenkampf" überwunden.
Also keine Kämpfe in Österreich, aber wenig selbstgemachte Veränderung. Zum Beispiel im Bildungswesen. Immerhin, vor mehr als 40 Jahren wurde - vielleicht auch als Weg, um "Klassenkampf" zu verhindern, festgestellt, dass der Anteil von Studierenden die aus Arbeiterhaushalten kommen sehr gering war. Inzwischen sind die österreichischen Universitäten zwar Massenuniversitäten geworden, aber sie wurden nicht von Arbeitermassen gestürmt sondern - von Kindern aus dem ständig größer werdenden Mittelstand.
Bei der österreichischen Hochschülerschaft gibt es zwar ein Arbeiterkinder-Referat, in Deutschland hat die Website arbeiterkind.de für Aufsehen gesorgt, aber der Spruch "Reiche Eltern für alle" aus den Zeiten der "Uni brennt" Proteste zeigt in Kurzform noch immer das Problem auf: Armut kann Bildung verhindern, auch wenn heute nicht mehr beschreibend von "Arbeiterkindern" die Rede ist sondern diskriminierend von "bildungsfernen Schichten".
Arbeiterkind.at das Netzwerk, das Studentinnen und Studenten aus nicht-akademischen Familien bei ihrem Studium ermutigt und unterstützt, ist der österreichische Ableger der Initiative Arbeiterkind.de, die von Katja Urbatsch gegründet wurde.
Mittlerweile umfasst die Initiative deutschlandweit 80 Ortsgruppen. Das Netzwerk stellt praktische Informationen zu Studien- und Finanzierungsmöglichkeiten auf ihrem Internetportal zu Verfügung. Das Besondere an Arbeiterkind.at sind die ehrenamtlichen Mentorinnen und Mentoren, die sich persönlich und individuell um die Probleme der Student/innen und Schüler/innen kümmern.
Einmal im Monat findet in Wien ein Stammtisch statt, bei dem man die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter persönlich kennenlernen kann. Arbeiterkind.at hat vor kurzem auch einen Stammtisch in Graz und Leoben gegründet.
Claudia Aurednik hat Studierende befragt, Arbeiterkind-Akademiker und die Gründerin von Arbeiterkind.de Katja Urbatsch.
Service
Kontakt: wien@arbeiter-kind.at
Bildungssoziologe Ingolf Erler
ArbeiterKind.de
ArbeiterKind.at
Katja Urbatsch, "Ausgebremst: Warum das Recht auf Bildung nicht für alle gilt", Verlag Heyne
Ingolf Erler (Hg.), "Keine Chance für Lisa Simpson", Soziale Ungleichheit im Bildungssystem, ÖH-Edition, Mandelbaum
Ingolf Erler, Michael Sertl und Viktoria Laimbauer (Hrsg.), "Wie Bourdieu in die Schule kommt. Analysen zu Ungleichheit und Herrschaft im Bildungswesen". Sammelband zur Bildungssoziologie Pierre Bourdieus in der Taschenbuchreihe Schulheft, Studienverlag
Ö1 Campus: Diskurs am Freitag "Was willst denn ausgerechnet du an der Uni?!" mit Bernhard Bergler (Arbeiter-kind.at) und der stellvertretenden Vorsitzenden der ÖH Angelika Gruber (VSStÖ)