Dimensionen - die Welt der Wissenschaft
Der Mensch ist frei geboren und überall liegt er in Ketten". Zum 300. Geburtstag des französischen Philosophen Jean-Jacques Rousseau. Gestaltung: Nikolaus Halmer
28. Juni 2012, 19:05
"Empört euch!"- Dieses aktuelle Schlagwort charakterisiert das gesamte Werk von Rousseau. Empört hat sich der Philosoph über den Prozess der Zivilisation, der alle menschlichen und gesellschaftlichen Defizite hervorbrachte: Neid, Hass, Gier, Konkurrenzkampf und Entfremdung sind durch sie in die Welt gekommen. Verantwortlich dafür ist laut Rousseau die Vergesellschaftung des Menschen, die den ursprünglichen Naturzustand beendete. In diesem Zustand war der Mensch noch nicht entfremdet, mit den Mitmenschen solidarisch. Erst durch die Sesshaftwerdung und den Ackerbau entstand das Privateigentum, das den Sündenfall der Menschheit darstellt. An die Stelle der Selbstliebe trat die Selbstsucht, die in unterschiedlichen Gesellschaftsformen das menschliche Handeln als Motor antrieb.
Rousseau war aber nicht so naiv zu glauben, dass eine Rückkehr in das verlorene Paradies des Naturzustands möglich wäre. Seine Überlegungen gingen dahin, wie man das ursprünglich gute Wesen des Menschen in der aktuellen Gesellschaft bewahren könne. Im Gesellschaftsvertrag entwarf er ein Modell, in dem der Einzelne freiwillig zugunsten der Allgemeinheit auf seine Freiheit verzichtet. Hier zählt nicht mehr der "Einzelwille", sondern der Allgemeinwille. Die höchsten Prinzipien des Gesellschaftsvertrags sind Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit - Prinzipien, die später zu den bestimmenden Slogans der Französischen Revolution wurden.