Leporello

Buch "Zum Beispiel Wohnen - 80 ungewöhnliche Hausbesuche"

In einer geräumigen Wohnküche mit Blick auf eine "Pawlatschen" sitzen die Architektur- und Designjournalisten Wojciech Czaja und Michael Hausenblas an einem orange lackierten Heurigentisch. Hausenblas´ Wohnung befindet sich in der Seilerstätte, in einem "wie eine Zündholzschachtel" zwischen die großen, umgebenden Bauten geklemmten Altbauhaus. Als er sie vor zwei Jahren zum ersten Mal besichtigte, habe er schon beim Klingeln gewusst, dass es die Richtige sei, sagt Hausenblas - denn an der Sprechanlage standen seine Initialen: "M. H.". Das Interessanteste an ihr sei jedoch keine optische sondern eine klangliche Qualität: die sie einhüllende Geräuschkulisse reicht von Operngesang bis Küchenlärm.
Dass die privaten Wohnräume für die meisten Menschen der wichtigste Lebensraum sind, das wissen Wojciech Czaja und Michael Hausenblas nicht nur aus eigener Erfahrung. In einer langen Reihe von "Wohngesprächen", die sie seit 2009 für die Tageszeitung "Der Standard" führen, haben sie das Wohnen als "zutiefst persönliche Sache" ergründet. Jedes Gespräch sehen sie als Teil eines immer größer und farbiger werdenden Puzzles. Auf die Frage, was das "Wohnen" nun eigentlich ausmache, habe man, so Wojciech Czaja, jedoch noch keine allgemeingültige Antwort gefunden.
Unter dem Titel "Zum Beispiel Wohnen - 80 ungewöhnliche Hausbesuche" ist im Verlag Anton Pustet soeben eine Auswahl der im "Standard" abgedruckten und mit je einem querformatigen Foto illustrierten Gespräche erschienen. Erfahren kann man in dem Bildband etwa von der eindrucksvollen Besensammlung, die der Autor Tex Rubinowitz in seiner Küchennische beherbergt; von der Leidenschaft fürs Pfeil-und-Bogen-Schießen, die der Künstler Heimo Zobernig und seine Frau in ihrem 400 Quadratmeter-Loft ausleben, oder vom barocken Ambiente samt "Jeans-Verbot", das der stadtbekannte "U4" Türsteher Conny de Beauclair bei sich zu Hause verhängt hat.
Erholung, Identifikation und Selbstverwirklichung stehen für die meisten der von Czaja und Hausenblas interviewten "Persönlichkeiten aus Kunst, Kultur und Wirtschaft" in ihren Privatgemächern im Vordergrund. Dass der eigene Wohnraum auch ein Ort der Selbstlosigkeit sein kann, das zeigt zum Beispiel Ute Bock. Zum Zeitpunkt des Interviews lebte die Flüchtlingshelferin zusammen mit ihren Schützlingen in einem desolaten Haus voller Schlafsäcke und Matratzen am Karmelitermarkt. Ihr selbst reichen "ein Bett, ein Nachttisch und eine Lampe". -
Gestaltung: Franziska Dorau

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