Im Gespräch

In memoriam Eric Hobsbawm
"Das 20. Jahrhundert - das Zeitalter der Extreme". Helene Maimann spricht mit Eric Hobsbawm, Historiker (Erstausstrahlung: 25.Oktober 2007)

Mehr als 80 Jahre im 20. Jahrhundert gelebt zu haben, sagte er einmal, sei eine Lektion in der Endlichkeit von Macht. Und: Er sei alt genug, um tausendjährige Reiche überlebt zu haben. Eric Hobsbawm, einer der bedeutendsten Historiker des 20. Jahrhunderts ist am vergangenen Montag im Alter von 95 Jahren verstorben.
Eric Hobsbawm hat die österreichisch-ungarische Monarchie, das deutsche Kaiserreich, das britische Empire, die Nazidiktatur und schließlich auch das Sowjetreich überlebt. Als der Kommunismus aus Europa mit der UdSSR verschwand, setzte sich der damals fast Achtzigjährige hin und schrieb sein großes Alterswerk: "Das Zeitalter der Extreme", über das "kurze" 20. Jahrhundert zwischen 1914 und 1991. "Es war ein Jahrhundert der Extreme, in dem die Paradoxe größer waren als je zuvor", sagt Hobsbawm. "Einerseits die größten Leiden, die größten Kriege, die größten Menschenverluste. Andererseits die riesigsten Fortschritte in der Technologie, in der materiellen Wirtschaft, in der Hebung des Lebensniveaus. Und da war auch die ungeheure Beschleunigung in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts." Dieses Buch wurde ein Bestseller.
Eric John Blair Hobsbawm, im Juni 1917 in Ägypten geboren, ist in Wien aufgewachsen, hat die Jugend in Berlin verbracht und sein Studium im damals "roten Cambridge" absolviert. Er war Engländer von Geburt, doch wenn er Deutsch sprach, sprach er das elegante Wienerdeutsch der Zwischenkriegszeit. Hobsbawm hat sich zeitlebens mit dem "Zeitalter der Revolutionen" auseinandergesetzt, mit dem 19. Jahrhundert und seinen epochalen Umwälzungen. Und mit den Widerständigen, den Rebellen, den Unzugehörigen, denen er als lebenslanger Kommunist einige seiner populärsten Bücher gewidmet hat. Aus Anlass seines 90. Geburtstags führte Helene Maimann in London mit Eric Hobsbawm das nun folgende Gespräch über seine Kinderjahre, über Jazz und Rockmusik, über politische Leidenschaften, über die 68er, über Kommunismus und Weltrevolution und das Scheitern daran und warum wir darauf gefasst sein müssen, dass in den kommenden dreißig Jahren fast unlösbare Probleme auf uns zukommen.

Service

Eric Hobsbawm, "Das Zeitalter der Extreme. Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts", Übersetzung von Yvonne Badal, dtv - Deutscher Taschenbuch Verlag, München (ISBN-10: 3423306572 bzw. ISBN-13: 978-3423306577)

Eric Hobsbawm, "Gefährliche Zeiten. Ein Leben im 20. Jahrhundert", Übersetzung von Udo Rennert, dtv - Deutscher Taschenbuch Verlag, München (ISBN-10: 3423342846 bzw. ISBN-13: 978-3423342841)

Eric Hobsbawm, "Die Banditen. Räuber als Sozialrebellen", Übersetzung von Rudolf Weys und Andreas Wirthensohn, erweiterte und aktualisierte Ausgabe 2007, Carl Hanser Verlag, München (ISBN-10: 3446209417 bzw. ISBN-13: 9783446209411)

Sendereihe