Im Gespräch
"Die gegen die Arbeitslosigkeit verabreichte Medizin der "Flexibilität" hat die Krankheit der Ungleichheit verschlimmert, ohne die Arbeitslosigkeit zu heilen". Michael Kerbler spricht mit Heiner Flassbeck, Wirtschaftswissenschafter
16. Mai 2013, 21:00
Heiner Flassbeck nennt die Dinge beim Namen. Direkt und ohne Beschönigung. Diplomatie ist seine Sache nicht. Deshalb hat sich der deutsche Wirtschaftswissenschafter - er war mehr als zehn Jahre beamteter Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen in Berlin und weitere zehn Jahre Chef-Volkswirt der UNO-Organisation für Welthandel und Entwicklung (UNCTAD) in Genf - nicht viele Freunde gemacht.
Auch mit seinem Buch "Gescheitert. Warum die Politik vor der Wirtschaft kapituliert" vergrößerte er seinen Freundeskreis unter Politikern nicht. Denn Flassbeck diagnostizierte in dem Buch, das 2009 erschienen ist, dass die Politik überfordert sei, die großen fünf Krisen der Gegenwart zu analysieren und zu lösen. Diese fünf Krisen sind seiner Meinung nach: die Finanzkrise, die Arbeitskrise, die Handelskrise, die Klimakrise und - nicht zuletzt - die Schuldenkrise. Heiner Flassbeck, wörtlich: "Die Menschheit steht vor einem Wendepunkt." Der Ökonom sieht nicht nur die intakte Natur bedroht, sondern auch die europäische Integration und darüber weit hinausreichend, die globalisierte Wirtschaft. Für die Marktwirtschaft sieht Heiner Flassbeck nur dann auf Dauer eine Existenzberechtigung, wenn sie es schafft "allen Bürgern eine systematische Chance auf Verbesserung ihrer Lebensumstände zu geben." Und die Basissicherung liegt bei der arbeitsfähigen Bevölkerung im Zugang zum Arbeitsmarkt. Um den Arbeitsmarkt und dessen neoliberale Deformationen geht es Heiner Flassbeck auch in seinem jüngsten Buch, das er gemeinsam mit anderen prominenten Autoren mit "HANDELT JETZT! - Das globale Manifest zur Rettung der Wirtschaft" übertitelt hat.
Michael Kerbler hat Heiner Flassbeck eingeladen über die fünf Krisen - die Finanzkrise, die Arbeitskrise, die Handelskrise, die Klimakrise und die Schuldenkrise - zu debattieren.
Service
Heiner Flassbeck, "Handelt jetzt!" Das globale Manifest zur Rettung der Wirtschaft, Westend-Verlag, Frankfurt/Main
Heiner Flassbeck, "Die Marktwirtschaft des 21. Jahrhunderts", Westend-Verlag, Frankfurt/Main
Heiner Flassbeck, "Gescheitert. Warum die Politik vor der Wirtschaft kapituliert", Westend-Verlag, Frankfurt/Main
Heiner Flassbeck und Friederike Spiecker, "Das Ende der Massenarbeitslosigkeit. Mit richtiger Wirtschaftspolitik die Zukunft gewinnen", Westend-Verlag, Frankfurt/Main
Michael J. Sandel, "Gerechtigkeit - Wie wir das Richtige tun", Ullstein Verlag, Berlin
Stephan Schulmeister, "Mitten in der großen Krise. Ein "New Deal" für Europa", Edition Gesellschaftskritik im Picus Verlag, Wien
Dirk Müller, "Showdown -Der Kampf um Europa und unser Geld", Verlag Droemer, München
Robert Skidelsky, "Die Rückkehr des Meisters. Keynes für das 21. Jahrhundert", Verlag Kunstmann
Josef Stiglitz, "Im freien Fall. Vom Versagen der Märkte zur Neuordnung der Weltwirtschaft", Siedler Verlag
Thomas Strobl, "Ohne Schulden läuft nichts. Warum uns Sparsamkeit nicht reicher, sondern ärmer macht", dtv - Deutscher Taschenbuchverlag