Tonspuren
Ein Slawe inkognito. Die Reisen des Schriftstellers Radek Knapp. Feature von Claudia Gschweitl
17. Juni 2013, 21:00
Wer am kleinen Kutschkermarkt in Wien-Währing seine Einkäufe erledigt, wird mit ein bisschen Glück von einem Schriftsteller bedient. Radek Knapp arbeitet hier - weitgehend unerkannt - als Obstverkäufer. Als Slawe falle er hier nicht weiter auf, berichtet er, die körperliche Arbeit sei für ihn eine Art Vorbeugung gegen schriftstellerischen Größenwahn.
Seit 37 Jahren lebt der gebürtige Warschauer in Österreich, mittlerweile hat er sich in seiner Wahlheimat als einer der feinsinnigsten und humorvollsten Literaten etabliert. Der Durchbrauch gelang ihm Mitte der 1990er Jahre mit dem Erzählband "Franio", für den er den Aspekte-Literaturpreis erhielt. Sein ebenso erfolgreiches Nachfolgewerk, der Schelmenroman "Herrn Kukas Empfehlungen", wurde 2008 verfilmt. Er erzählt darin von den Abenteuern und Versuchungen des jungen Waldemar, der sich im einzigen Bus des preiswertesten polnischen Reiseunternehmens auf den Weg in den goldenen Westen macht.
In seinem jüngsten Roman schickt Radek Knapp seinen Helden abermals auf die Reise, in eine utopische Stadt namens "Kalino". Nach außen hin eine vergnügliche Detektivgeschichte, entpuppt sich "Die Reise nach Kalino" als Kritik an der westlichen Wohlstandsgesellschaft, in der das Kapital und die Konzerne regieren.