Gedanken für den Tag

von Wolfgang Treitler, Theologe und Judaist: Schalom Ben-Chorin - ein Brückenbauer zwischen Juden und Christen. Zu seinem 100. Geburtstag (am 20. Juli). Gestaltung: Alexandra Mantler

Vor einhundert Jahren, am 20. Juli 1913, wurde Schalom Ben-Chorin geboren. Er hat sich mit wichtigen christlichen Gestalten beschäftigt, um deren jüdische Herkunft sichtbar zu machen.

Eine solche Gestalt war auch Paulus von Tarsus. Er wird zu dem Boten Christi in den ersten Jahrzehnten der Christusbewegung. Doch Ben-Chorin fragt sich: Was wusste Paulus denn wirklich von Jesus? Und wenn er von Jesus sprach - von wem sprach er da eigentlich? Paulus hatte ihn nie gesehen, nie gehört. Was also bezeugte er?

Um die Schwierigkeit zu deuten, bezog sich Ben-Chorin auf ein Problem, das sich im Jahr 1969 abspielte, als er sein Paulusbuch veröffentlichte. 1968 war Max Brod in Jerusalem verstorben, ein enger Freund Franz Kafkas. Ben-Chorin schreibt mit Bezug auf Paulus und dessen Christusinterpretation: "Es gibt in der Gegenwart . eine merkwürdige Parallele zu diesem Vorgang. Ich denke hier an die Interpretation Franz Kafkas und seiner Werke durch Literaturhistoriker, die den Dichter nie gekannt haben. Sie haben sich mit Schärfe gegen authentische Interpretationen von Kafkas Lebensfreund Max Brod gewandt. Die Sicht jener Interpreten, die den wirklichen Kafka nie gekannt haben, gewinnt heute die Oberhand. - Ein ähnliches Phänomen ist religionsgeschichtlich durch das Auftreten des Paulus gegeben. Seine Interpretation Jesu eroberte die Welt. Der paulinische Christus verdrängte jenen Jesus von Nazareth, den noch Petrus, Jakobus und die anderen Jünger ,im Fleische' gekannt haben", schreibt Ben-Chorin.

Paulus hat gesiegt - um den Preis der Entfremdung Jesu von seinem Volk Israel. Ein Vermächtnis Schalom Ben-Chorins könnte also sein: diese Entfremdung aufzuheben und gerade auch im Christentum mutig zu beginnen oder weiterzumachen, Jesus in Israel zu suchen und sich von jüdischen Menschen deuten zu lassen, wer er ist.

Service

Buch, Schalom Ben-Chorin, Bruder Jesus. Der Nazarener in jüdischer Sicht, dtv
Buch, Schalom Ben-Chorin, Mutter Mirjam. Maria in jüdischer Sicht, dtv
Buch, Schalom Ben-Chorin, Paulus. Der Völkerapostel in jüdischer Sicht, dtv
Buch, Verena Lenzen, Schalom Ben-Chorin: Ein Leben im Zeichen der Sprache und des jüdisch-christlichen Gesprächs, Verlag Hentrich & Hentrich

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: S. Levi
Bearbeiter/Bearbeiterin: Ezra Bouskela
Album: SONGS AND DANCES OF ISRAEL
Titel: El Ginat egoz/instr.
Ausführende: Kol Aviv Ensemble
Ausführender/Ausführende: Jean Henri Blumen /Flöte
Ausführender/Ausführende: Ezra Bouskela /Gitarre, Bass
Ausführender/Ausführende: Jean Peylet /Klarinette
Ausführender/Ausführende: Meir Rosen /Akkordeon, Flöte
Ausführender/Ausführende: Alain Speiser /Gitarre
Ausführender/Ausführende: Jean Carabalona /Trompete
Ausführender/Ausführende: Youval Michenmacher /Tof
Ausführender/Ausführende: Nathan Rozenstrauch /Tof
Länge: 02:00 min
Label: Arion ARN 64033

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