Radiodoktor - Medizin und Gesundheit

Orthomolekulare Medizin: Nützen oder schaden Vitaminbomben?

Am 23. Oktober treffen sich Orthomolekular-Mediziner aus Europa und den USA beim
1. internationalen Wiener Symposium für Orthomolekulare Medizin (OM).
"ortho" (griechisch) bedeutet "richtig" bzw. "gut" - es werden also "gute" Moleküle medizinisch eingesetzt - von der OM in teilweise extrem hohen Dosen.
Hinter dem etwas sperrigen Begriff Orthomolekulare Medizin verbergen sich nichts anderes als Vitamine, Spurenelemente und Mineralstoffe - im Fachjargon als Mikronährstoffe bezeichnet. Diese kommen natürlicherweise in Nahrungsmitteln vor, sind aber auch in Form von Nahrungsergänzungsmitteln erhältlich.
Da dieser Industriezweig erstens extrem boomt und zweitens nicht alles beweispflichtig ist, was auf den Packungen versprochen wird, ist es nicht unpraktisch, dass die Orthomolekulare Medizin von einem zweifachen amerikanischen Nobelpreisträger, dem Chemiker Linus Pauling begründet wurde und zwar in den 1960er Jahren.
Pauling setzte die These in die Welt, dass viele chronische Krankheiten durch eine Unterversorgung mit Nährstoffen bedingt seien und hohe Vitamindosen, kombiniert mit Mineralstoffen und Spurenelementen, diese Krankheiten verhindern oder heilen können.
Die zweite Grundannahme: Unser Körper sei einem stetigen Angriff von freien Radikalen ausgesetzt, die u.a. Herzkreislauferkrankungen und Krebs verursachen können.
Um das zu verhindern werden vor allem Vitamin C, Vitamin E und Beta-Carotin verordnet, die antioxidativ wirken und die gefährlichen freien Radikale abfangen.
Kritiker der Orthomolekularen Medizin geben zu bedenken: Manche Vitamine (z.B. Vitamin D und Vitamin B3) haben in hohen Dosen beträchtliche Nebenwirkungen.
Die Annahme, dass Vitamine immer "0rtho" seien, stimme einfach nicht: Vor einigen Jahren musste z.B. eine Studie abgebrochen werden, da Raucher, die zum Schutz vor Lungenkrebs Betacarotin erhielten, häufiger ein Karzinom entwickelten.
Und etliche Nahrungsmittel, wie Mehl, Öl, Fertiggerichte etc., enthalten mittlerweile derart hohe Mengen an Vitamin C und Vitamin E, dass wir nun zu viele Antioxidantien zu uns nehmen!

Sind unsere Böden zu ausgelaugt, um nährstoffreiches Obst, Gemüse und Getreide gedeihen zu lassen und brauchen unsere Kinder eine Extra-Portion Eisen (ebenfalls ein Mikronährstoff) im Frühstücksmüsli?
Diesmal moderiert Univ.-Prof. Dr. Manfred Götz ein Streitgespräch zwischen Dr. Peter H. Lauda, Orthomolekular-Mediziner sowie Veranstalter des 1. Int. Wiener Symposiums für Orthomolekulare Medizin und Univ.-Doz. Dr. Maximilian Ledochowski, Facharzt für Innere Medizin und Ernährungsmedizin.

Eine Sendung von Mag. Dominique Stiefsohn.
Redaktion: Dr. Christoph Leprich

Service

Dr. Peter H. Lauda (Facharzt für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Orthomolekular- Mediziner; Veranstalter des 1. Int. Wiener Symposiums Orthomolekulare Medizin)
Univ.-Doz. Dr. Maximilian Ledochowski (Facharzt für Innere Medizin und Ernährungsmedizin)

Zur Lage der Orthomolekularen Medizin in Österreich:

Es gibt ein Diplom der Österreichischen Ärztekammer für OM, die Nährstoffakademie in Salzburg schult u.a. Apothekerinnen und Apotheker und die entsprechenden Präparate sind in vielen Apotheken erhältlich.

Österreichische Gesellschaft für Orthomolekulare Medizin
Nährstoffakademie Salzburg
Biographie von Linus Pauling
Mythos Antioxidantien
American Cancer Society, Kritischer Zugang zu Orthomolekularer Medizin
Orthomolekulare Medizin für Frauen
Deutsches Bundesinstitut für Risikobewertung, Bewertung von Nahrungsergänzungsmitteln
Deutsches Bundesinstitut für Risikobewertung, Eisen in Nahrungsergänzungsmitteln
Verbraucherzentrale NRW, Übersicht über Nahrungsergänzungsmittel
Erhöhtes Krebsrisiko - Wer Vitamintabletten schluckt, stirbt früher
ÖÄK-Spezialdiplom Orthomolekulare Medizin
Forum Orthomolekulare Medizin (mit Ausbildungsmöglichkeiten)
Orthomolekulare Medizin: Hohe Kosten für Patienten
Infos des Vereins für Konsumenteninformation

Uli P. Burgerstein, Hugo Schurgast, Michael B. Zimmermann, "Handbuch Nährstoffe: Vorbeugen und heilen durch ausgewogene Ernährung", Verlag Trias 2012

Uwe Gröber, "Mikronährstoffe für die Kitteltasche: Metabolic Tuning - Prävention - Therapie", Wissenschaftliche Verlagsg. 2010

Susanne Warmuth, Udo Pollmer, "Pillen, Pulver, Powerstoffe: Die falschen Versprechen der Nahrungsergänzungsmittel", Eichborn Verlag 2008

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