Radiokolleg - Braucht Medienkunst eine Geschichte?

Vom Altern der Neuen Medien (1). Gestaltung: Armin Medosch

Die Antwort auf diese Frage ist weniger offensichtlich als es scheint. Denn eigentlich könnte die Frage lauten, ob es sich die Medienkunst leisten kann, plötzlich eine Geschichte zu haben. War das nicht jene Kunstform, die vom Reiz des immer Neuen lebte? Von einer projizierten Zukunft, in die wir dank dieses oder jenen "Neuen Mediums" bald eintreten würden? Mit Geschwindigkeit und Beschleunigung wurden Neue Medien assoziiert, mit Interaktionen in virtuellen Echtzeit-Welten. Was heißt es also, wenn Medienkunst geschichtlich wird? Bringt das nun Geschichten über Geschichten, begleitet vom romantischen Pfeifen der 2400 Baud Modems? Ein nostalgisches Blättern in HTML 1.0 Webseiten, so wie man sich bis vor kurzem Fotoalben und Vinyl-Sammlungen gezeigt hat? Oder ist im Bereich der Neuen Medien nicht aktuell viel zu viel los, als dass man sich eine rückwärtsgewandte Beschäftigung erlauben könnte?

In dieser Sendung folgt Armin Medosch den Windungen der Doppelhelix aus Geschichten der Medienkunst und der Geschichte der Medien im sozialhistorischen Kontext. Wie formulieren Medientheoretiker/innen und Kurator/innen die Geschichtlichkeit der Medienkunst? Die "neuen" Medien, von denen so oft behauptet wurde, sie seien die Agenten des Wandels, sind selbst Teil einer Geschichtsnarration geworden. Was können wir aus dem Altern dieser Utopie lernen? Wie viel Zukunft ist in dieser Geschichte noch enthalten? Und wie lässt sich die Vergangenheit dieser Artefakte und Praktiken bewahren, wenn ganze technologische Ökosysteme - wie etwa die interaktive CD ROM - verschwunden sind?

Service

Manovich, Lev. 2013. Software Takes Command. New York and London: Bloomsbury Academic.
Bosma, Josephine. 2011. Nettitudes: Let's Talk Net Art. Rooderdam: NAi Uitgevers / Publishers Stichting.
Grau, Oliver. 2004. Virtual Art: From Illusion to Immersion. Cambridge: MIT Press.

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