Salzburger Nachtstudio

Der Wilhelminische Modernist
Zum 150. Geburtstag von Max Weber
Gestaltung: Günter Kaindlstorfer

Max Weber ist der Stammvater der wertfreien Wissenschaft, ein Heros des akademischen Liberalismus, einer der ersten - und zugleich letzten - Monumental-Theoretiker der bürgerlichen Soziologie. An seiner Theorie der Moderne kommt bis heute kein Studierender der Sozialwissenschaften vorbei. Die Entzauberung der Welt durch die moderne Rationalität, die Geburt des Kapitalismus aus dem Geist der puritanischen Ethik, die strikte Trennung von Gesinnungs- und Verantwortungs-Ethik, all das sind Webersche Topoi, die auch dem durchschnittlich Gebildeten geläufig sind.

Dabei nimmt die Bedeutung Webers im soziologischen Diskurs immer noch zu. Die Zahl der Titel, die weltweit über den deutschen Meisterdenker publiziert worden sind, geht in die zehntausende. Zunehmend gerät auch der Mensch hinter dem Soziologen in den Fokus der Aufmerksamkeit. Zum 150. Geburtstag des großen Gesellschaftswissenschafters erscheinen gleich zwei profunde Biographien: Der Marburger Soziologe Dirk Kaesler widmet Max Weber eine 1000seitige, der FAZ-Redakteur Jürgen Kaube eine immerhin 500seitige Lebensbeschreibung.

Wie schon in Joachim Radkaus 2005 erschienener Max-Weber-Biographie erscheint der wilhelminische Modernist auch in den beiden aktuellen Studien als innerlich zerrissener Charakter, der brillante Intellektualität mit einem aufbrausend-zerquälten Naturell verband. Max Weber, das war nicht nur ein messerscharfer Analytiker der "entzauberten Welt", sondern auch ein sexuell verklemmter Wilhelminist mit bourgeoisem Hintergrund, ein hypernervöser Choleriker mit manisch-depressiven Zügen. Seine prometheischen Einsichten in der Verfasstheiten der Moderne musste Weber einer prekären psychischen Disposition abringen.
Prominente Soziolog/innen und Gesellschaftswissenschafter/innen wie Dirk Kaesler, Jürgen Kaube, M. Rainer Lepsius, Steffen Sigmund, Christoph Reinprecht und Irene Etzersdorfer diskutieren über die Bedeutung des Weberschen Denkens für das 21. Jahrhundert.

Service

LITERATUR:
Dirk Kaesler: "Max Weber - Eine Biographie", C.H. Beck, München, 1008 Seiten, (ISBN: 978-3-406-66075-7)
Jürgen Kaube: "Max Weber - Ein Leben zwischen den Epochen", Rowohlt Berlin, 494 Seiten, (ISBN: 978-3-87134-575-3)

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