Im Gespräch

"Wir müssen neue Dinge erfinden, wenn wir überleben wollen."
Helene Maimann spricht mit Renée Schroeder, Univ.-Prof. für Biochemie (Erstausstrahlung: 05.09.2013)

"Wir müssen eine neue Denkweise finden". Die Frau, die das sagt, ist keine Philosophin, keine Soziologin, keine Politikwissenschafterin oder Managerin. Sie ist eine Biochemikerin - und zwar die bekannteste, die Österreich vorzuweisen hat. Auszeichnen tut sie sich - abgesehen von ihrer beruflichen Kompetenz - durch Eigensinn und Widerständigkeit.

Zum Beispiel, wenn sie, die 2003 als zweite Frau in der Geschichte der Österreichischen Akademie der Wissenschaften wirkliches Mitglied der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse wurde, öffentlich Staub aufwirbelt, als sie 2012 aus der Akademie der Wissenschaften austritt. Begründung: Protest, gegen die mangelnde Exzellenzförderung und gegen den hohen Anteil von Cartellverbandsmitgliedern in der Akademie.

Oder, wenn sich die zweifache Mutter immer wieder öffentlich kritisch zur österreichischen Bildungs- und Forschungspolitik äußert, ganz besonders, wenn es um die Benachteiligung von Frauen innerhalb der universitären Strukturen geht. Folgerichtig setzt sie sich dann auch dafür ein, dass sich das ändert.

Ihr Forschungsgebiet ist die Biochemie, und dort im Speziellen die Ribonuklein-Säure. Schroeders Arbeiten über die Ribonukleinsäure - kurz RNA genannt - zählen zu ihren wichtigsten. Die RNA hat die wesentliche Funktion, in der biologischen Zelle genetische Informationen in Proteine umzuwandeln.

Renée Schroeder wurde im Jahr 1953 in Brasilien geboren. Als das Militär putschte beschloss der Vater - er war in der Stahlindustrie tätig - wieder nach Europa zurückzukehren. Und zwar nicht zurück in seine Heimat Luxemburg, sondern nach Österreich, genauer in die Steiermark zur Firma Felten & Guillaume in Bruck an der Mur. Damals war Renée Schroeder vierzehn Jahre alt. Sie musste sich nach der Matura zwischen Elektrotechnik, Kunst, Chemie und Physik entscheiden - geworden ist es schließlich die Biochemie.

Schon früh forschte sie über Mikrobiologie und Genetik, wurde vielfach ausgezeichnet und ist heute Universitätsprofessorin für Biochemie. 4 Jahre gehörte sie der von der österreichischen Bundesregierung ins Leben gerufenen Bioethik-Kommission an. Von 2005 bis 2010 war sie Vizepräsidentin des "Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung". Seit September 2010 ist Renée Schroeder Mitglied des Rates für Forschung und Technologieentwicklung.

Seit einiger Zeit ist Renee Schroeder Besitzerin eines auf 1.100 Meter liegenden Bergbauernhofs im Salzburger Land. Dazu musste sie in Hollabrunn erfolgreich eine Landwirtschaftsschule absolvieren. Jetzt züchtet sie Alpenkräuter und erforscht das Jahrhunderte Jahre alte Wissen der Bäuerinnen.

Service

Renée Schroeder, "Die Henne und das Ei: Auf der Suche nach dem Ursprung des Lebens", Residenz Verlag

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