Hörbilder

"Diese Lust am Verwildern".
Der Krieg in Deutsch-Südwestafrika und der deutsche Genozid an den Herero. Eine Montage aus bisher unveröffentlichten Aufzeichnungen.
Feature von Stefan Weber

"Die Hereros waren noch schlimmer wie Hyänen, ihr Leben ist zäher wie das einer Schlange. Kleinere Wunden achten sie wenig, wenn Gefahr ist zu verbluten, stopfen sie diese mit Gras oder Lumpen zu." (Emil Malzahn, Soldat)
Sie sind neugierig, naiv und patriotisch.
Die Soldaten und Offiziere der kaiserlichen Schutztruppe, die in Hamburg die Dampfer nach ihrer Kolonie Deutsch-Südwestafrika - dem heutigen Namibia - besteigen, haben vor allem eines im Kopf: Üppige Palmenhaine, kaffeebraune Schönheiten und deutsche Volkslieder.
Als sich aber im Januar 1904 die "schwarzen Bestien ganz unerwartet und plötzlich" (Emil Malzahn) gegen die Deutschen erheben, entwickelt sich schnell ein Krieg im Dienste des global denkenden Kaisers Wilhelm II., der sieben Monate später mit dem deutschen Genozid an den Herero seinen grausamen Höhepunkt erreichen wird.

Von Gesine Krüger, Historikerin an der Universität Zürich, hat Featureautor Stefan Weber Einsicht in bisher großteils unveröffentlichte Tagebuchaufzeichnungen jener Soldaten erhalten. Er folgt den Spuren von vier Männern. Ihre Geschichten zeigen, dass die Mechanismen von Krieg und Gewalt gleich geblieben sind, bis in die jüngste Gegenwart.
Erstmals ins Deutsche übersetzte Herero-Preislieder (die Aufnahmen stammen aus den 1930er Jahren) reflektieren eine unbekannte Sichtweise des stolzen Nomadenvolkes auf den Krieg.
"Töte den alten Mann mit dem aschgrauen Haar für mich
schleudere eines nachts eine Keule auf ihn, lass ihn sterben"
Diese Zeilen richten sich an den deutschen Hauptmann Franke, dessen Blick auf das Kriegsgeschehen ein durchaus kritischer war. So schreibt er:
"Wir sitzen in einer elenden Falle und da vertritt dieser wahnsinnige Oberst die Ansicht: Stehen bleiben und den nächsten Tag weiter. Womit? Ohne Munition, ohne Kost, mit schlappen Zug- und Reittieren? Dieser Kerl opfert seinem blödsinnigen Ehrgeiz ungezählte Menschenleben."

Zum 100. Jahrestag des Herero-Krieges 2004 hat die damalige deutsche Ministerin für Entwicklungszusammenarbeit, Heidemarie Wieczorek-Zeul, sich erstmals zur historischen und moralischen Schuld der deutschen Kolonialverwaltung bekannt. Eine finanzielle Entschädigung für die Herero wird bis heute abgelehnt.

Redaktion: Eva Roither
Ton: Stefan Weber

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