Tonspuren

Vom Wesen der Dinge. Porträt zum 50. Geburtstag des Keramikers und Schriftstellers Edmund de Waal. Feature von Sabine Nikolay

Im Jahr 2010 erschien in London das Buch "The Hare With Amber Eyes. A Hidden Heritance" ("Der Hase mit den Bernsteinaugen") von Edmund de Waal. Der Name eines in der Welt der Literatur unbekannten Autors und der kryptische Titel gaben zunächst Rätsel auf. Doch die hymnischen Kritiken, die rasch erfolgten Übersetzungen in viele Sprachen und schließlich die Lektüre des Buches überzeugten: De Waal ist einer der großen Erzähler der Gegenwart, ein Suchender der den in einem der dunkelsten Kapitel der europäischen Geschichte verlorenen Verwandten und Reichtümern ein literarisches Denkmal setzt.

Zumal Edmund de Waal in der Kunstwelt kein Unbekannter ist: Der Brite ist einer der wichtigsten Konzeptkünstler der Gegenwart. Seinen Werkstoff - früher Ton, heute Porzellan - formt er in kleine Gefäße, die er wie Gedichte in Glaskästen anordnet, deren Scheiben manchmal mattiert, kaum Einblicke zulassen. Er arrangiert Scherben in Bodenvitrinen, und beschränkt sich auf die Farbe Weiß in all ihren Schattierungen. Bestehendes und Vergängliches, Sichtbares und Unsichtbares stehen nebeneinander. Intuitiv begriff de Waal schon als Achtzehnjähriger, dass dies die Themen seines Lebens sind.

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