Radiokolleg - Musik on Air

Kompositionen für den Hörfunk (2). Gestaltung: Barbara Zeithammer

Als am 1. Oktober 1924 der erste österreichische Rundfunksender, die RAVAG - Radioverkehrs-AG - ihren Sendebetrieb aufnahm, war das erste, was aus den Lautsprechern der Empfangsgeräte zu hören war - Musik. Die Ouvertüre aus Richard Wagners Oper "Rienzi", gespielt von der Künstlerkapelle Bert Silving, war der Auftakt in eine neue Ära in Österreich.

Musik, die über den Äther ins Ohr geht, medial vermittelt und nicht mehr direkt erlebt - wie in einem Konzert - das war eine Sensation, für viele ein Rätsel (man fragte sich, ob in dem Apparat eine kleine Kapelle oder ein ganz kleines Orchester sitzen) und für viele Zeitgenossen Anlass zu Reflexion und Kritik. Theodor W. Adorno war zum Beispiel einer von denen, die sich über den Rundfunk und die Musik Gedanken machten.

Das Phänomen "Musik im Hörfunk" ist ein komplexes, vielfach und wechselseitig beeinflusst durch technische Entwicklungen, Organisationsstrukturen und Verbreitungswege sowie Rezeptionsweisen. Es entstanden zahlreiche Rundfunkklangkörper - Orchester, Chöre, Tanzkapellen - die live spielten (allerdings ohne Publikum), weil man Konzerte noch nicht aufzeichnen konnte. Die Trennung vom Publikum, das durch ein Mikrofon ersetzt wurde, erschien vielen als "kunstfremder Eingriff". Eindrucksvoll: Die Reaktion der berühmten Sängerin Rosette Anday nach ihrem Auftritt anlässlich des Sendestarts am 1. Oktober 1924. "Als die Anday gesungen hatte, traten ihr die Tränen in die Augen. Ich fragte sie, warum sie denn weine, wo sie doch so schön gesungen hatte. Und sie antwortete mir: "Weil mir keiner zugehört hat, nur das Mikrofon." (Christiane Lohner-Czeija)

Technik und Medium beeinflussten auch die Gestaltung und Interpretation der Musik - bestimmte Instrumente und Stimmen waren für den Rundfunk besser geeignet als andere. Neue Mikrofone ermöglichten es später, die Stimme aus der Nähe aufzunehmen und erzeugten ein bisher ungekanntes Gefühl von Intimität. Das Medium erfordert auch andere Eingriffe in Aufnahmen und Musikstücke: Frequenzbereiche werden beschnitten, Lautstärken angeglichen. Nicht zuletzt der Technik ist es geschuldet, dass die meisten Pop-Musikstücke heute noch in etwa 3 Minuten dauern - das war die genormte Spieldauer der Schellackplatte.

Musik war und ist ein Katalysator des Rundfunks - damit Hörerinnen und Hörer überhaupt einschalten; umgekehrt allerdings auch: die Entwicklung der zeitgenössischen Musik wäre ohne Radio wohl anders verlaufen.

Service

Buchtipps:

Reinhard Schlögl: Oskar Czeija. Radio- und Fernsehpionier. Böhlau Verlag, 2004

Helga Maria Wolf: Auf Ätherwellen. Böhlau Verlag, 2004

Alfred Treiber: Ö1 gehört gehört. Die kommentierte Erfolgsgeschichte eines Radiosenders. Böhlau Verlag, 2007

Haimo Godler / Manfred Jochum / Reinhard Schlögl u.a.: Vom Dampfradio zur Klangtapete. Beiträge zu 80 Jahre Hörfunk in Österreich. Böhlau, 2004


Webtipps:

Dokumentationsarchiv Funk

Christian Filk: Das Weltbild des Ohres. Reflexionen über 80 Jahre Radioforschung

Werner Pirchner

Ernst Theis


CD Tipp:

70 Jahre Radio. 1924-1994
Eine Jubiläumsedition des ORF
ORF HI94 (4CD)

RadioMusiken
Ernst Theis
Eine Kooperation mit dem Mitteldeutschen Rundfunk, Deutschlandradio Kultur und dem Label Cpo.


Hörtipp:

Dienstag, 23.9.:
21:00 Uhr
Hörspiel-Studio
"Hör! Spiel!" Eine Reise durch die wichtigste Kunstform des Radios. Von und mit Götz Fritsch. (ORF 2004)
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Sendereihe

Playlist

Komponist/Komponistin: Karlheinz Stockhausen
Titel: Mikrophonie I - für Tamtam, 2 Mikrophone, 2 Filter und Regler
Solist/Solistin: Aloys Kontarsky /Tamtam I
Solist/Solistin: Alfred Alings /Tamtam II
Solist/Solistin: Johannes Fritsch /Mikrophon I
Solist/Solistin: Harald Boje /Mikrophon II
Solist/Solistin: Karlheinz Stockhausen /Filter & Regler I
Solist/Solistin: Jaap Spek /Filter & Regler II
Solist/Solistin: Hugh Davies /Filter & Regler II
Länge: 01:10 min
Label: Sony S2K 53346

Komponist/Komponistin: Franz Schreker
Album: Die Zwanziger Jahre : Musik zwischen den Kriegen
Titel: Kleine Suite für Orchester
* Präludium - 1.Satz (00:04:05)
* Marcia - 2.Satz (00:01:36)
* Canon - 3.S. (00:02:40)
* Fughetta - 4.Satz (00:01:56)
* Intermezzo - 5.Satz (00:03:06)
* Capriccio - 6.Satz (00:02:05)
Orchester: Radio Symphonieorchester Berlin
Leitung: Hans Georg Ratjen
Länge: 01:42 min
Label: Thorofon Capella CTH 2043

Komponist/Komponistin: Edmund Nick
Textdichter/Textdichterin, Textquelle: Erich Kästner
Komponist/Komponistin: Felix Mendelssohn Bartholdy
Album: EDITION RADIOMUSIKEN VOL.1 - EDMUND NICK: "LEBEN IN DIESER ZEIT"
Titel: 1. Einleitung / Sprecher (00:01:02)
Gesamttitel: LEBEN IN DIESER ZEIT - Lyrische Suite in 3 Sätzen für Sprecher, Gesangssolisten, Chor und Orchester / Gesamtaufnahme von 2008 / 1.und 2.Satz
1.SATZ (00:27:33)
Leitung: Ernst Theis
Orchester: Orchester der Staatsoperette Dresden
Solist/Solistin: Marcus Günzel /Sprecher, Bariton
Solist/Solistin: Christian Grygas /Schmidt, ein Mensch unserer Zeit, Bariton
Solist/Solistin: Elke Kottmair /Chansonette, Sopran
Solist/Solistin: Ralf Simon /Mitglied d.Herrenquartetts, Tenor
Solist/Solistin: Marcus Günzel /Mitglied d.Herrenquartetts, Bariton
Solist/Solistin: Gerd Wiemer /Mitglied d.Herrenquartetts, Bariton
Solist/Solistin: Herbert G. Adami /Mitglied d.Herrenquartetts, Baß
Solist/Solistin: Gritt Gnauck /eine Frauenstimme in Nr.2 & Nr.8, Mezzosopran
Solist/Solistin: Gerd Wiemer /Einer Männerstimme in Nr.2, Bariton
Solist/Solistin: Marcus Günzel /1.Männerstimme in Nr.12, Bariton
Solist/Solistin: Gerd Wiemer /2.Männerstimme in Nr.12, Bariton
Solist/Solistin: Rita Schaller /1.Frauenstimme i.d. Dialogen, gesprochen
Solist/Solistin: Jutta Richter Merz /2.Frauenstimme i.d. Dialogen, gesprochen
Solist/Solistin: Walter Niklaus /1.Männerstimme i.d. Dialogen, gesprochen
Solist/Solistin: Peter Ensikat /2.Männerstimme i.d. Dialogen, gesprochen
Chor: Chor der Staatsoperette Dresden
Choreinstudierung: Thomas Runge
Länge: 01:10 min
Label: cpo 7775412 (2 CD)

Komponist/Komponistin: Paul Hindemith
Album: Die Dreißiger Jahre : Musik zwischen den Kriegen
Titel: Langsames Stück und Rondo für Trautonium
Solist/Solistin: Oskar Sala /Trautonium
Länge: 01:07 min
Label: Thorofon Capella CTH 2044

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