Zwischenruf

von Militärsuperintendent Karl-Reinhart Trauner (Wien)

Hilfe zur Selbsthilfe

Am Nationalfeiertag feiert die Republik, dass sie - bei allen bestehenden Herausforderungen - ein Erfolgsmodell ist. Heute vor fast 60 Jahren ist mit dem Gesetz, dass Österreich immerwährend neutral bleibt, der Schlussstrich unter zehn Jahre Besatzungszeit im Anschluss an sieben Jahre Unterdrückung im Dritten Reich gezogen worden --- und damit die Basis für eine jahrzehntelange positive und friedliche Entwicklung.

Natürlich: Gerade in der Anfangszeit hat es auch viel Hilfe von außen gegeben, aber die Kraft für diese positive Entwicklung ist von innen gekommen, von der österreichischen Bevölkerung. Sie hat diese Entwicklung getragen, sie war bereit, dieses Modell "Österreich" nach außen selbst mit Waffengewalt zu verteidigen, wie gerade heute bei den verschiedenen Leistungsschauen des Bundesheeres deutlich wird.

In der evangelischen Kirche gibt es die Tradition, dass es für jede Woche des Jahres einen sogenannten Wochenspruch gibt, also gewissermaßen das Motto der Woche. Der Wochenspruch für die heute beginnende Woche stammt aus dem Buch des alttestamentlichen Propheten Jeremia, Kapitel 17, Vers 14. Da heißt es: "Heile du mich, HERR, so werde ich heil; hilf du mir, so ist mir geholfen." Der Prophet spricht hier die Hoffnung an, dass Gott dem einzelnen Menschen in einer schwierigen Situation hilft. - Ich kann das durchaus auch auf mich beziehen: Ich bitte Gott darum, dass er mir in schwierigen Situationen hilft, und ich vertraue auch darauf.

Ein solcher Spruch ist Ausdruck einer persönlichen Glaubenshaltung. Und er passt auf den ersten Blick so gar nicht zum heutigen Nationalfeiertag. Da steht der Staat im Mittelpunkt, und da bin ich - gerade in meiner Funktion als Militärsuperintendent des Bundesheeres und damit Vertreter der Kirche im Staat - sehr froh, dass Österreich keine Staatsreligion hat.

Aber ohne eine positive Einstellung zum Staat, ohne die Bereitschaft, aktiv an der gesellschaftlichen Entwicklung mitzuwirken und damit diesem Staat ein Stück weit auch zu "dienen", wie es bei ihrer Angelobung die jungen Soldaten heute geloben, wäre eine solche Entwicklung nicht geglückt.

Nur Hilfe von außen reicht nicht! Das müssen wir heute auch in vielen Krisenregionen, bei sogenannten zerfallenden Staaten - failing states - erkennen. Der innere Aufbau ist wichtig, dass Menschen für sich in diesem Staat und durch diesen Staat eine gute Zukunft sehen.

Und jetzt bin ich doch wieder bei Jeremia und dem Wochenspruch angelangt. Denn Gott handelt sehr selten durch Wunder, mit denen er direkt in die Geschichte eingreift und sie verändert. Heilung, von der Jeremia spricht, kommt auch von innen. Die Heilung, von der die Bibel spricht, besteht nicht zuletzt darin, dass Menschen trotz schwieriger Herausforderungen eine Zukunft sehen. Und dass sie aus dieser Perspektive heraus die Kraft haben, die Gegenwart gut zu gestalten.

Sendereihe

Playlist

Komponist/Komponistin: Johann Sebastian Bach
Bearbeiter/Bearbeiterin: Willy Hautvast
Titel: Bist du bei mir BWV 508 / Arie aus dem Notenbüchlein für Anna Magdalena Bach (Bearbeitung für Bläser)
Ausführende: Gendarmeriemusik Oberösterreich
Leitung: Andreas Schwarzenlander
Länge: 01:00 min
Label: SERVER, EP VK, Molenaar

weiteren Inhalt einblenden