Radiodoktor - Medizin und Gesundheit

Lebensrettende Eingriffe im Mutterleib

Rund drei Prozent aller Kinder weisen bei der Geburt eine Schädigung oder Missbildung eines oder mehrerer Organe auf, die häufig zu massiven Einschränkungen der Lebensqualität bzw. nicht selten auch zum Tod führen. In manchen Fällen sterben die betroffenen Kinder noch vor der Geburt. Etliche Fehlbildungen können mittlerweile mit modernen Ultraschallgeräten frühzeitig erkannt - und sogar noch pränatal, im Mutterleib behoben werden. Der erste, der einen solchen Eingriff wagte, war der Kinderchirurg Michael Harrison von der Universität in San Francisco. 1981 korrigierte er den Verschluss der harnableitenden Wege bei einem Fötus, der unbehandelt mit großer Wahrscheinlichkeit zum Tod des Kindes geführt hätte. Während dieser Operation wurde der Bauch der schwangeren Frau geöffnet und das Ungeborene für den Eingriff vorübergehend herausgenommen. Da vor allem die Frühgeburtsrate in Folge dieser "offenen Operationen" sehr hoch war, entwickelten Pränatalmediziner mit der Zeit minimal-invasive Methoden. Nun wird pränatal in vielen Fällen mit einem so genannten Fetoskop gearbeitet. Dieses nur "kugelschreibenminen-dicke" Instrument wird durch ein drei bis vier Millimeter kleines Loch in der Bauchdecke der Mutter in die Gebärmutter eingeführt, um dort die nötigen Eingriffe mit winzigsten Werkzeugen durchzuführen. Vor der Geburt können bislang unter anderem folgende Erkrankungen bzw. Fehlbildungen behandelt werden: Harnröhrenverschluss, Defekte des Zwerchfells, verbundene Blutkreisläufe von Zwillingen, offener Rücken, Durchbruch der kindlichen Bauchwand, Blutgruppenunverträglichkeit zwischen Mutter und Kind und - nicht zuletzt Herzfehler. In Europa gibt es einige wenige Zentren, die sich auf fetale Herzchirurgie spezialisiert haben. Jenes mit den meisten Fallzahlen und der höchsten Erfolgsrate (nämlich 90 Prozent) ist die Ambulanz für Pränatalmedizin an der Linzer Landes-Frauen- und Kinder-Klinik. Der Leiter, der Gynäkologe Prim. Priv.-Doz. Dr. Wolfgang Arzt, hat bislang 76 Kinder vor ihrer Geburt am Herzen operiert. Sein Werkzeug ist kein Fetoskop, sondern eine Hohlnadel, die unter Ultraschallsicht durch ein winziges Loch in der Bauchdecke der Mutter in die Fruchthöhle und weiter durch den Brustkorb des Kindes in die betroffene Herzkammer geführt wird, um dort zum Beispiel die Öffnung einer Herzklappe durchzuführen. Die weltweit erste erfolgreiche Herzklappenoperation bei einem Ungeborenen gelang Dr. Arzt gemeinsam mit dem Kinderkardiologen Prim. Univ.-Prof. Dr. Gerald Tulzer, im Jahr 2000. Das Ungeborene von damals, Johanna, ist heute 14 Jahre alt, kerngesund und sportbegeistert.
Univ.-Prof.in Dr.in Karin Gutiérrez-Lobos und ihre Gäste informieren Sie diesmal über die Möglichkeiten und Grenzen der pränatalen Medizin.

Eine Sendung von Mag.a Nora Kirchschlager.
Redaktion: Dr. Christoph Leprich

Service

Dr.in Karin Reiner-Bichl
Mutter der 13-jährigen Johanna; bei diesem Mädchen glückte im Jahr 2000 weltweit die erste Herzklappen-Operation im Mutterleib

Prim. Priv.-Doz. Dr. Wolfgang Arzt
Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe
Landes-Frauen- und Kinderklinik Linz
Leiter der Ambulanz für Pränatalmedizin
Krankenhausstraße 26-30
A-4020 Linz
Tel.: +43/5/055463/23960
E-Mail
Ambulanz für Pränatalmedizin

Prim. Univ.-Prof. Dr. Gerald Tulzer
Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde
Additivfächer Pädiatrische Kardiologie, Pädiatrische Intensivmedizin und Neonatologie
Leiter der Abteilung für Kinderkardiologie an der Landes-Frauen- und Kinderklinik Linz
Krankenhausstraße 26-30
A-4020 Linz
Tel.: +43/5/055463/24750
E-Mail
Abteilung für Kinderkardiologie

Ambulanz für Pränatalmedizin an der Frauen- und Kinderklinik Linz
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