Radiokolleg - Meister der Reduktion

Samuel Beckett und die tragische Lebenskomödie
(3). Gestaltung: Christine Scheucher und Robert Weichinger

Großgewachsen und schlank, mit randloser Brille und bürstenkurzem Haar steht er da. Sein Blick ist starr, die Züge hager. Sie zeugen von asketischer Strenge. Samuel Becketts Gesicht ist zu einer Ikone der Moderne geworden. Auf den meisten Bildern, die wir von ihm kennen, sieht Beckett nicht mehr jung aus. Immerhin war Samuel Beckett bereits 46 Jahre alt, als sich mit "Warten auf Godot" der Durchbruch einstellte. Das Stück über zwei wartende Tramps wurde zum Welterfolg und blieb es bis heute, Beckett war von dieser Zustimmung des Publikums zeitlebens irritiert.

Das war keine Koketterie. Dieser in Irland geborene Wahlfranzose, der seine Bücher auf Englisch und Französisch geschrieben hatte, war ein radikaler Künstler. Ganz und gar auf sein Werk fixiert, kümmerte er sich wenig darum, ob er davon auch leben konnte. Er hatte Glück und fand in der Pianistin Suzanne Déchevaux-Dumesnil eine Lebenspartnerin, die ihm den Rücken stärkte - nicht zuletzt finanziell.

Trotz Nobelpreises und weltweiter Anerkennung blieb Beckett mehr ein Autor der Literaturwissenschaft als einer des breiten Lesepublikums. Vielleicht, weil Becketts Bücher als kompliziert, fatalistisch und schwermütig betrachtet wurden.
Andererseits gilt: Wer sich auf diesen Fragensteller einlässt, der keine Lösungen parat hat, sondern nur unerbittlich eine Spur durch das Lebens-Schlamassel sucht, wird mit kühnen Gedanken und kunstvollen Formulierungen bereichert.

Beckett ist ein moderner Klassiker geworden. Wie Proust oder Kafka hat Beckett ein unverwechselbares Werk hinterlassen: Als Meister der Reduktion, dem Fragmentarischen und dem Verstummen zugewandt. Die Botschaft, die sich aus Becketts Prosa und Stücken herausfiltern lässt: Wer sich um ein gerechtes Leben bemüht, wird sich auf das Scheitern einzustellen haben.

Service

James Knowlson, "Samuel Beckett. Biographie", Suhrkamp.
Samuel Beckett "Weitermachen ist mehr, als ich tun kann", Briefe 1929 - 1940
"Ein Unglück, da man bis zum Ende verteidigen muss", Briefe 1941-1956
Becketts Gesamtwerk ist bei Suhrkamp erhältlich.
Hörbuch:Samuel Beckett "Warten auf Godot und andere Werke", Hörverlag.

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