Nachtquartier

18. Februar 2015, 00:08

Florian Reese hat Kunsttherapie studiert, um festzustellen, dass er mit Menschen mit einer psychischen Krankheit, einer geistigen oder körperlicher Behinderung arbeiten möchte, auf keinen Fall aber therapeutisch. Reese arbeitete über 10 Jahre im Gugginger Haus der Künstler, wo psychisch erkrankte und geistig behinderte Künstler_innen leben und arbeiten. Mit der Caritas fand er einen Partner für die Initiation und den Aufbau des Atelier 10, das er seit der Eröffnung 2012 leitet. Mit diesem möchte Florian Reese neue Wege beschreiten, abseits der Idee von Art Brut oder der sogenannten Außenseiter-Kunst. Auf der Webseite des Atelier 10 ist zu lesen:

"Die gesellschaftliche Außenseiterrolle, die viele der Menschen einnehmen - ihre Erkrankung oder Behinderung - wird im Atelier 10 aus künstlerischer Sicht nicht weiter thematisiert. Ziel ist es, die Arbeit der Künstler_innen nicht über ihre soziale Randlage zu definieren, sondern gerade die Kunst als das wohl einzige Metier zu begreifen, das tatsächlich weitgehend barrierefrei ist. Ein Mensch mit einer intellektuellen Beeinträchtigung begibt sich über seine Arbeit auf Augenhöhe mit anderen Künstler_innen. Maßgebend ist, hier wie dort, alleine ein überdurchschnittliches Talent und die spezifische Fertigkeit, dieses in für andere wahrnehmbare Formen zu bringen."

Wer das Atelier 10 in der ehemaligen Ankerbrotfabrik betritt, wird keinen Hinweis darauf finden, dass die Kunst, die ausgestellt wird, von Menschen mit körperlichen oder geistigen Krankheiten geschaffen wurde. Für Florian Reese ist es wichtig "dass man ein Bild auch hässlich finden darf, ohne sich dabei schlecht zu fühlen."

Im Nachtquartier spricht er mit Kristin Gruber und Anrufer_innen darüber, was es für ihn bedeutet, einen geistig oder körperlich kranken Menschen ernst zu nehmen und nicht auf seine Krankheit zu reduzieren, warum er nichts davon hält, Wahnsinn und Kunst zu stilisieren, warum er die Bezeichnung "Menschen mit besonderen Fähigkeiten" als Gipfel des Zynismus empfindet, wie er Talente in Österreich sucht und findet, wie sich das Atelier 10 im Kunstmarkt etablieren kann und möglichweise auch über seinen Studentenjob als Leichenüberführer und das - wie er es benennt - "grandios pathetische" und "exotisch neurotische" Wien, aus dem der in Stuttgart aufgewachsene Reese nicht mehr weg will.

Rufen Sie an, reden sie mit unter 0800 22 69 79 oder schreiben Sie uns ihre Fragen und Anregungen per Mail an nachtquartier@orf.at.

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