Gedanken für den Tag

von Michael König, Diakonie Österreich. "Die Würde bettelnder Menschen ist unantastbar". Gestaltung: Alexandra Mantler

Bettler und ihre Bande

Was würde ich eigentlich tun, würde mich die Not wochenlang zum Betteln zwingen, 1000 Kilometer entfernt von Salzburg in einer bulgarischen Stadt? Ich würde versuchen, für mein psychisches Überleben mit Menschen zu reisen, die mir vertraut sind und deren Sprache ich spreche. Ich würde versuchen, mit ihnen einen Schlafplatz zu organisieren. Ich würde mich mit ihnen am Abend treffen wollen. Ich würde organisieren, dass jemand das Geld meiner Gruppe einsammelt, damit es bei Polizeikontrollen wegen des Verdachtes von organisiertem Betteln nicht abgenommen wird. Das alles wäre Ausdruck eines gesunden Überlebenswillens und von sozialen Kompetenzen.

Das wenige, das man landläufig von den bettelnden Menschen aus südosteuropäischen Ländern weiß oder vermutet, ist, dass viele gemeinsam mit einigen Familienangehörigen, Freunden oder Nachbarn die lange Anreise organisieren. Und um nicht in völliger Isolierung wochenlang alleine auf den Straßen von Salzburg, Wien, Graz oder Linz Beschäftigung zu suchen oder zu betteln. Sie scheinen sich auch bei der Aufteilung der Bettelplätze in irgendeiner Form abzustimmen. Manche organisieren auch ihre Schlafplätze, in ihren Autos oder unter regengeschützten Brücken.

Viele dieser Notreisenden scheinen in der Erfahrung starker familiärer Bande ihr psychisches und soziales Überleben in der Fremde zu sichern. Eine extreme Notsituation stärkt familiäre Bande. Not hält Menschen zusammen. Jeder kennt aus eigener Erfahrung, wie wichtig tragende solidarische menschliche Bindungen gerade in Krisen- und Notzeiten sind. Bettlern und Bettlerinnen im gesellschaftlichen Diskurs in Würde zu begegnen heißt, sie nicht nur als arme Menschen zu sehen: Sie sind auch Menschen mit Kompetenzen, die ich würdigen kann.

Service

Kostenfreie Podcasts:
Gedanken für den Tag - XML
Gedanken für den Tag - iTunes

Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Gioachino Rossini/1792 - 1868
Titel: Sonata II in A-Dur aus "Sei sonate a quatro" für Flöte, Violine, Viola und Violoncello
* Andante - 2.Satz (00:03:23)
Solist/Solistin: Peter Lukas Graf /Flöte
Ausführende: Carmina Streichtrio
Ausführender/Ausführende: Matthias Enderle /Violine
Ausführender/Ausführende: Wendy Champney /Viola
Ausführender/Ausführende: Stephan Goerner /Violoncello
Länge: 02:00 min
Label: Claves 50-8608

weiteren Inhalt einblenden